Vorlesezeit für Kinder: 9 min
Achtung: Es handelt sich um eine Grusel-Geschichte.
In einem Walde lebte ein Mann, der hatte drei Söhne und eine schöne Tochter. Einmal kam ein goldener Wagen mit sechs Pferden und einer Menge Bedienten angefahren, hielt vor dem Haus still, und ein König stieg aus und bat den Mann, er möchte ihm seine Tochter zur Gemahlin geben. Der Mann war froh, dass seiner Tochter ein solches Glück widerfuhr, und sagte gleich ja. Es war auch an dem Freier gar nichts auszusetzen, als dass er einen ganz blauen Bart hatte, so dass man einen kleinen Schrecken kriegte, sooft man ihn ansah. Das Mädchen erschrak auch anfangs davor und scheute sich, ihn zu heiraten, aber auf Zureden ihres Vaters willigte es endlich ein. Doch weil es so eine Angst fühlte, ging es erst zu seinen drei Brüdern, nahm sie allein und sagte: „Liebe Brüder, wenn ihr mich schreien hört, wo ihr auch seid, so lasst alles stehen und liegen und kommt mir zu Hülfe.“ Das versprachen ihm die Brüder und küssten es. „Leb wohl, liebe Schwester, wenn wir deine Stimme hören, springen wir auf unsere Pferde und sind bald bei dir.“ Darauf setzte es sich in den Wagen zu dem Blaubart und fuhr mit ihm fort.
Wie es in sein Schloss kam, war alles prächtig, und was die Königin nur wünschte, das geschah, und sie wären recht glücklich gewesen, wenn sie sich nur an den blauen Bart des Königs hätte gewöhnen können, aber immer, wenn sie den sah, erschrak sie innerlich davor. Nachdem das einige Zeit gewährt, sprach er: „Ich muss eine große Reise machen, da hast du die Schlüssel zu dem ganzen Schloss, du kannst überall aufschließen und alles besehen, nur die Kammer, wozu dieser kleine goldene Schlüssel gehört, verbiet ich dir; schließt du die auf, so ist dein Leben verfallen.“ Sie nahm die Schlüssel, versprach ihm zu gehorchen, und als er fort war, schloss sie nacheinander die Türen auf und sah so viel Reichtümer und Herrlichkeiten, dass sie meinte, aus der ganzen Welt wären sie hier zusammengebracht.
Es war nun nichts mehr übrig als die verbotene Kammer, der Schlüssel war von Gold, da gedachte sie, in dieser ist vielleicht das Allerkostbarste verschlossen. Die Neugierde fing an, sie zu plagen, und sie hätte lieber all das andere nicht gesehen, wenn sie nur gewusst, was in dieser wäre. Eine Zeitlang widerstand sie der Begierde, zuletzt aber ward diese so mächtig, dass sie den Schlüssel nahm und zu der Kammer hinging: „Wer wird es sehen, dass ich sie öffne,“ sagte sie zu sich selbst, „ich will auch nur einen Blick hineintun.“ Da schloss sie auf, und wie die Türe aufging, schwomm ihr ein Strom Blut entgegen, und an den Wänden herum sah sie tote Weiber hängen, und von einigen waren nur die Gerippe noch übrig. Sie erschrak so heftig, dass sie die Türe gleich wieder zuschlug, aber der Schlüssel sprang dabei heraus und fiel in das Blut. Geschwind hob sie ihn auf und wollte das Blut abwischen, aber es war umsonst, wenn sie es auf der einen Seite abgewischt, kam es auf der anderen wieder zum Vorschein. Sie setzte sich den ganzen Tag hin und rieb daran und versuchte alles Mögliche, aber es half nichts, die Blutflecken waren nicht herabzubringen; endlich am Abend legte sie ihn ins Heu, das sollte in der Nacht das Blut ausziehen. Am anderen Tag kam der Blaubart zurück, und das erste war, dass er die Schlüssel von ihr forderte; ihr Herz schlug, sie brachte die ändern und hoffte, er werde es nicht bemerken, dass der goldene fehlte.
Er aber zählte sie alle, und wie er fertig war, sagte er: „Wo ist der zu der heimlichen Kammer?“ Dabei sah er ihr in das Gesicht. Sie ward blutrot und antwortete: „Er liegt oben, ich habe ihn verlegt, morgen will ich ihn suchen.“ – „Geh lieber gleich, liebe Frau, ich werde ihn noch heute brauchen.“ – „Ach ich will dir’s nur sagen, ich habe ihn im Heu verloren, da muss ich erst suchen.“ – „Du hast ihn nicht verloren,“ sagte der Blaubart zornig, „du hast ihn dahin gesteckt, damit die Blutflecken herausziehen sollen, denn du hast mein Gebot übertreten und bist in der Kammer gewesen, aber jetzt sollst du hinein, wenn du auch nicht willst.“
Da musste sie den Schlüssel holen, der war noch voller Blutflecken. „Nun bereite dich zum Tode, du sollst noch heute sterben,“ sagte der Blaubart, holte sein großes Messer und führte sie in den Hausflur. „Lass mich nur noch vor meinem Tod mein Gebet tun,“ sagte sie. „So geh, aber eil dich, denn ich habe keine Zeit lang zu warten.“ Da lief sie die Treppe hinauf und rief, so laut sie konnte, zum Fenster hinaus: „Brüder, meine lieben Brüder, kommt, helft mir!“ Die Brüder saßen im Wald beim kühlen Wein, da sprach der jüngste: „Mir ist, als hätte ich unserer Schwester Stimme gehört; auf! wir müssen ihr zu Hülfe eilen!“ Da sprangen sie auf ihre Pferde und ritten, als wären sie der Sturmwind.
Ihre Schwester aber lag in Angst auf den Knien. Da rief der Blaubart unten: „Nun, bist du bald fertig?“ Dabei hörte sie, wie er auf der untersten Stufe sein Messer wetzte. Sie sah hinaus, aber sie sah nichts als von Ferne einen Staub, als kam eine Herde gezogen. Da schrie sie noch einmal: „Brüder, meine lieben Brüder! kommt, helft mir!“ Und ihre Angst ward immer größer. Der Blaubart aber rief: „Wenn du nicht bald kommst, so hol ich dich, mein Messer ist gewetzt!“ Da sah sie wieder hinaus und sah ihre drei Brüder durch das Feld reiten, als flögen sie wie Vögel in der Luft, da schrie sie zum dritten Mal in der höchsten Not und aus allen Kräften: „Brüder, meine lieben Brüder! kommt, helft mir!“ Und der jüngste war schon so nah, dass sie seine Stimme hörte: „Tröste dich, liebe Schwester, noch einen Augenblick, so sind wir bei dir!“
Der Blaubart aber rief: „Nun ist’s genug gebetet, ich will nicht länger warten, kommst du nicht, so hol ich dich!“ – „Ach! nur noch für meine drei lieben Brüder lass mich beten.“ Er hörte aber nicht, kam die Treppe heraufgegangen und zog sie hinunter, und eben hatte er sie an den Haaren gefasst und wollte ihr das Messer in das Herz stoßen, da schlugen die drei Brüder an die Haustüre, drangen herein und rissen sie ihm aus der Hand, dann zogen sie ihre Säbel und hieben ihn nieder. Da ward er in die Blutkammer aufgehängt zu den anderen Weibern, die er getötet, die Brüder aber nahmen ihre liebste Schwester mit nach Haus, und alle Reichtümer des Blaubarts gehörten ihr.
Hintergründe zum Märchen „Blaubart“
„Blaubart“ (französisch: Barbe bleue) ist ein französisches Volksmärchen, dessen berühmteste erhaltene Version von Charles Perrault verfasst und erstmals 1697 von Barbin in Paris in „Histoires ou contes du temps passé“ veröffentlicht wurde. Das Märchen erzählt die Geschichte eines wohlhabenden Mannes, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, seine Frauen zu ermorden, und die Versuche einer Ehefrau, sich dem Schicksal ihrer Vorgängerinnen zu entziehen. „Die weiße Taube“, „Der Räuberbräutigam“ und „Fitchers Vogel“ sind Geschichten, die dem „Blaubart“ ähneln. Die Geschichte ist so berüchtigt, dass Merriam-Webster dem Wort „Blaubart“ die Definition von „einem Mann, der eine Frau nach der anderen heiratet und tötet“ gibt.
In der Geschichte hat Blaubart einen ungewöhnlich blauen Bart, was ihm ein unheimliches und mysteriöses Aussehen verleiht. Die Farbe Blau wurde im Laufe der Geschichte oft mit Magie, Geheimnissen und Dunkelheit in Verbindung gebracht, was zur Atmosphäre des Märchens beiträgt. „Blaubart“ thematisiert die Rolle von Frauen in der Ehe und die Erwartungen, die an sie gestellt wurden. Die Geschichte zeigt, wie eine junge Frau in eine unglückliche Ehe gezwungen wird und um ihr Überleben kämpfen muss. Dies kann als Kritik an der damaligen Gesellschaft und der Unterdrückung von Frauen verstanden werden.
Ein zentrales Thema des Märchens ist die Neugier der jungen Frau und ihr Ungehorsam gegenüber ihrem Ehemann. Diese Handlung verdeutlicht die Gefahren, die mit Neugier und Ungehorsam einhergehen können, und zeigt, dass das Überschreiten von Grenzen schwerwiegende Folgen haben kann. Obwohl „Blaubart“ kein Märchen der Gebrüder Grimm ist, hat es dennoch eine lange Tradition und wurde im Laufe der Jahrhunderte vielfach interpretiert und adaptiert. Die düsteren und grausamen Elemente der Geschichte machen sie zu einer unvergesslichen Erzählung, die in der Märchenwelt eine wichtige Rolle spielt.
Nach dem Aarne-Thompson-System zur Klassifizierung von Volksmärchen gehört die Geschichte von Blaubart zum Typ 312. Der Typ ist eng verwandt mit dem Aarne-Thompson-Typ 311, in dem die Heldin sich selbst und ihre Schwestern rettet, wie z. B. in den Geschichten Fitcher’s Bird, The Old Dame and Her Hen, und How the Devil Married Three Sisters. Die Geschichten, in denen die jüngste Tochter sich selbst und die anderen Schwestern vor dem Bösewicht rettet, sind in der mündlichen Überlieferung weitaus häufiger anzutreffen als dieser Typus, in dem der Bruder der Heldin sie rettet. Einige europäische Varianten der Ballade „Lady Isabel und der Elfenritter“ ähneln diesem Märchen sehr. Dies gilt insbesondere für einige deutsche Varianten, in denen die Heldin um Hilfe ruft, ähnlich wie Schwester Anne in Blaubart ihre Brüder um Hilfe bittet.
Die Handlung des Märchen „Blaubart“
Blaubart ist ein wohlhabender und mächtiger Adliger, der mehrere Male mit schönen Frauen verheiratet war, die alle auf mysteriöse Weise verschwunden sind. Als Blaubart seinen Nachbarn besucht und um die Heirat einer seiner Töchter bittet, sind die Mädchen entsetzt. Nachdem er ein wunderbares Bankett ausgerichtet hat, wählt er – gegen ihren Willen – die jüngste Tochter zu seiner Ehefrau aus, und sie zieht mit ihm in seinen reichen und luxuriösen Palast auf dem Land, weit weg von ihrer Familie.
Blaubart verkündet, dass er aufs Land fahren muss, und übergibt seiner Frau die Schlüssel des Schlosses. Sie ist in der Lage, mit ihnen jede Tür des Hauses zu öffnen, von denen jede einen Teil seiner Reichtümer enthält, mit Ausnahme einer unterirdischen Kammer, deren Betreten er ihr strikt verbietet, damit sie nicht unter seinem Zorn leidet. Dann geht er weg und verlässt das Haus und die Schlüssel in ihren Händen. Sie lädt ihre Schwester Anne und ihre Freunde und Cousins zu einer Party ein. Sie wird jedoch schließlich von dem Wunsch überwältigt, zu sehen, was der verbotene Raum enthält, und sie schleicht sich von der Party weg und wagt sich in den Raum.
Sofort entdeckt sie, dass der Raum mit Blut überströmt ist und die ermordeten Leichen von Blaubarts ehemaligen Ehefrauen an Haken an den Wänden hängen. Entsetzt lässt sie den Schlüssel in das Blut fallen und flieht aus dem Raum. Sie versucht, das Blut vom Schlüssel abzuwaschen, aber der Schlüssel ist magisch, und das Blut lässt sich nicht entfernen. Aus Angst um ihr Leben verrät sie das Geheimnis ihres Mannes an ihre Schwester, die zu Besuch ist, und beide planen, am nächsten Morgen zu fliehen. Blaubart kehrt jedoch unerwartet zurück und findet den blutigen Schlüssel. In blinder Wut droht er, seine Frau auf der Stelle zu töten, aber sie bittet um ein letztes Gebet mit ihrer Schwester Anne. Als Blaubart kurz davor ist, den tödlichen Schlag auszuführen, kommen Anne und die Brüder der Frau an und töten Blaubart. Die Frau erbt sein Vermögen und sein Schloss und lässt die toten Ehefrauen begraben. Sie nutzt das Vermögen, um ihre anderen Geschwister heiraten zu lassen, heiratet dann selbst wieder, um endlich von ihrer schrecklichen Erfahrung mit Blaubart abzulassen.
Blaubarts Ehefrauen
„Blaubart“ ist ein Märchen des französischen Autors Charles Perrault, das erstmals 1697 in seiner Sammlung „Geschichten oder Märchen aus vergangenen Zeiten, mit Moral“ veröffentlicht wurde. Die Geschichte handelt von einem reichen Mann namens Blaubart, der seine Ehefrauen tötet und ihre Leichen in einem verbotenen Raum in seinem Schloss aufbewahrt. Die Erzählung enthält düstere und grausame Elemente und untersucht Themen wie Neugier, Ungehorsam und die Rolle von Frauen in der Ehe. Es ist nicht geklärt, warum Blaubart seine erste Frau ermordet. Sie kann nicht den verbotenen Raum betreten und eine tote Frau vorgefunden haben. Einige Sprachwissenschaftler haben die Theorie aufgestellt, dass er den Gehorsam seiner Frau testen wollte und dass sie getötet wurde, weil sie seinen Befehlen nicht gehorchte.
Maurice Maeterlinck hat ausführlich über Blaubart geschrieben und in seinen Stücken werden mindestens sechs ehemalige Ehefrauen genannt: Sélysette aus Aglavaine et Sélysette (1896), Alladine aus Alladine et Palomides (1894), sowohl Ygraine als auch Bellangère aus La mort de Tintagiles (1894), Mélisande aus Pelléas et Mélisande und Ariane aus Ariane et Barbe-bleue (1907).
In Jacques Offenbachs Oper Barbe-bleue (1866) gibt es fünf Ehefrauen Héloïse, Eléonore, Isaure, Rosalinde und Blanche. Die sechste und letzte Ehefrau ist ein Bauernmädchen, Boulotte, die schließlich sein Geheimnis verrät, als er versucht, sie zu töten, um die Prinzessin Hermia heiraten zu können. In Béla Bartóks Oper Blaubarts Burg (1911) mit einem Libretto von Béla Balázs wird „Judith“ als vierte Ehefrau genannt.
In Anatole France Kurzgeschichte „Die sieben Frauen von Blaubart“ wird Jeanne de Lespoisse als letzte Frau vor Blaubarts Tod genannt. Die anderen Ehefrauen waren Collette Passage, Jeanne de la Cloche, Gigonne, Blanche de Gibeaumex, Angèle de la Garandine und Alix de Pontalcin. In Edward Dmytryks Film Blaubart (1972) ist Baron von Sepper (Richard Burton) ein österreichischer Aristokrat, der wegen seines blau gefärbten Bartes und seiner Vorliebe für schöne Frauen als Blaubart bekannt ist. Seine Frau ist eine Amerikanerin namens Anne.
Interpretation des Märchen „Blaubart“
Das Märchen „Blaubart“ erzählt die Geschichte eines reichen und mächtigen Mannes, der mehrere Ehefrauen hatte, von denen alle bis auf eine spurlos verschwunden sind. Seine neue Ehefrau bekommt von Blaubart einen Schlüssel, mit dem sie alle Türen im Haus öffnen kann, außer einer verbotenen Kammer. Schließlich kann sie ihrer Neugier nicht widerstehen und öffnet die Tür, in der sie die Leichen aller vorherigen Ehefrauen entdeckt. Blaubart kommt zurück und will sie töten, aber sie wird von ihren Brüdern gerettet. „Blaubart“ von Charles Perrault ist ein dunkles und unheimliches Märchen, das verschiedene Interpretationen und Analysen hervorgerufen hat. Einige der häufigsten Interpretationen und Themen, die in der Geschichte untersucht werden, sind:
Die Rolle der Frau: „Blaubart“ kann als Kritik an der damaligen Gesellschaft und der Unterdrückung von Frauen verstanden werden. Die junge Frau wird in eine unglückliche Ehe gezwungen und muss sich den autoritären Forderungen ihres Ehemannes beugen. Das Märchen zeigt die Schwierigkeiten und Gefahren, denen Frauen ausgesetzt waren, wenn sie versuchten, ihre Autonomie und Selbstbestimmung zu bewahren. Das Märchen kann auch als ein Kommentar zur Unterdrückung von Frauen in patriarchalischen Gesellschaften interpretiert werden. Blaubart kontrolliert und unterdrückt seine Ehefrauen und behandelt sie als sein Eigentum. Das Märchen betont die Wichtigkeit von Frauenrechten und dass Frauen das Recht haben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihre eigene Freiheit zu genießen.
Neugier und Ungehorsam: Die zentrale Handlung dreht sich um die Neugier der jungen Frau und ihren Ungehorsam gegenüber Blaubart. Diese Themen können als Warnung vor den Gefahren interpretiert werden, die mit dem Überschreiten von Grenzen und dem Bruch von Vertrauen einhergehen. Die Geschichte zeigt auch die Ambivalenz der Neugier, die sowohl zur Entdeckung der Wahrheit als auch zur Gefahr für das eigene Leben führen kann. Der Schlüssel kann als Zeichen für Ungehorsam oder Übertretung gesehen werden. Er kann auch als Zeichen dafür gesehen werden, dass man seinem Mann nicht vertrauen sollte. Die Jungsche Psychoanalytikerin Clarissa Pinkola Estés bezeichnet den Schlüssel als „Schlüssel des Wissens“, der der Frau Bewusstsein verleiht. Sie kann sich dafür entscheiden, die Tür nicht zu öffnen und als naive junge Frau zu leben. Stattdessen hat sie sich entschieden, die Tür der Wahrheit zu öffnen. Das Märchen kann auch als eine Warnung vor der Neugier interpretiert werden. Die neue Ehefrau kann ihrer Neugier nicht widerstehen und öffnet die verbotene Kammer, was zu ihrer eigenen Gefahr führt. Dies kann als Symbol für die Gefahren der Neugier und der Verletzung von Grenzen interpretiert werden.
Das Motiv des verbotenen Raumes: Der verbotene Raum in Blaubarts Schloss ist ein wiederkehrendes Motiv in Märchen und kann als Metapher für verbotenes Wissen oder geheime Wünsche und Sehnsüchte interpretiert werden. In „Blaubart“ repräsentiert der Raum die verborgenen Grausamkeiten und Verbrechen des Protagonisten, und die Entdeckung des Raumes führt zur Konfrontation mit der Wahrheit.
Strafe und Erlösung: Die Geschichte von „Blaubart“ enthält Elemente von Strafe und Erlösung. Blaubart wird am Ende der Geschichte für seine Verbrechen bestraft und getötet, während seine Frau und ihre Familie gerettet werden. Dieses Thema kann als moralische Botschaft verstanden werden, die darauf hindeutet, dass Gerechtigkeit letztendlich siegt und dass das Böse bestraft wird. Das Märchen zeigt auch die Bedeutung von Gewalt und Macht und wie sie in Beziehungen missbraucht werden können. Blaubart nutzt seine Macht und seinen Reichtum, um seine Ehefrauen zu kontrollieren und zu unterdrücken. Dies kann als Symbol für den Missbrauch von Macht und Gewalt in Beziehungen interpretiert werden.
Psychologische Interpretation: Einige Interpretationen betrachten „Blaubart“ aus einer psychologischen Perspektive und sehen in der Geschichte eine Auseinandersetzung mit den inneren Ängsten und Konflikten der menschlichen Psyche. Die Beziehung zwischen Blaubart und seiner Frau kann als Ausdruck von Macht, Kontrolle und Abhängigkeit gesehen werden, und der verbotene Raum kann als Metapher für die dunklen und verborgenen Aspekte der menschlichen Natur verstanden werden. Das Märchen betont die Bedeutung von Vertrauen und Ehrlichkeit in einer Beziehung. Die neue Ehefrau verletzt das Vertrauen ihres Mannes, als sie die verbotene Kammer betritt, und dies führt zu ihrer eigenen Gefahr.
Solidarität und Zusammenhalt: Das Märchen betont auch die Bedeutung von Solidarität und Zusammenhalt in einer Familie oder einer Gemeinschaft. Die Brüder der neuen Ehefrau kommen zur Rettung, als sie in Gefahr ist. Dies zeigt, dass es wichtig ist, sich füreinander einzusetzen und zusammenzuarbeiten, um schwierige Situationen zu überwinden.
Diese Interpretationen zeigen, wie vielseitig und anpassungsfähig das Märchen „Blaubart“ ist und wie es immer wieder neue Bedeutungen und Interpretationen finden kann. Insgesamt bietet „Blaubart“ von Charles Perrault eine Vielzahl von Interpretationsmöglichkeiten und bleibt durch seine düstere Atmosphäre und seine Auseinandersetzung mit universellen menschlichen Themen ein faszinierendes Werk in der Geschichte der Märchenliteratur. Während einige Wissenschaftler die Geschichte von Blaubart als eine Fabel interpretieren, die den Gehorsam der Ehefrauen predigt, hat die Volkskundlerin Maria Tatar vorgeschlagen, dass das Märchen die Frauen dazu ermutigt, patriarchalischen Regeln nicht bedingungslos zu folgen. Frauen, die im Märchen gegen die Regeln der Männer verstoßen, können als Metapher für Frauen gesehen werden, die gegen die Regeln der Gesellschaft verstoßen und für ihre Übertretung bestraft werden.
Varianten und Adaptionen des Märchen
„Blaubart“ wurde erstmalig von Charles Perrault in seiner Sammlung „Histoires ou contes du temps passé, avec des moralités: contes de ma Mère l’Oye“ im Jahr 1697 veröffentlicht. Die Geschichte fand ihren Weg in die Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm, wurde jedoch nur in die erste Auflage von 1812 aufgenommen und trägt die Nummer 62 (KHM 62a). Das Märchen ist bekannt für seine düsteren und grausamen Elemente und handelt von einem reichen Mann mit einem blauen Bart, der eine junge Frau heiratet und ihr verbietet, einen bestimmten Raum in seinem Schloss zu betreten. Im Laufe der Jahre gab es zahlreiche Adaptionen von Charles Perraults „Blaubart“, sowohl in Literatur, Theater, Film als auch in der Musik. Hier sind einige bemerkenswerte Beispiele:
Literatur: „Fitcher’s Bird“ von den Brüdern Grimm ist eine Adaption von „Blaubart“ und enthält viele ähnliche Motive und Handlungsstränge, jedoch mit einer stärkeren Betonung von List und Selbstrettung seitens der weiblichen Hauptfigur. „Bluebeard’s Egg“ von Margaret Atwood ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die eine moderne Interpretation von „Blaubart“ enthält und sich mit Themen wie Geschlechterrollen, Macht und Beziehungen auseinandersetzt. In Charles Dickens‘ Kurzgeschichte „Captain Murderer“ wird die Titelfigur als „ein Ableger der Blaubart-Familie“ beschrieben und ist weit blutrünstiger als die meisten Blaubärte: Er kannibalisiert jede Frau einen Monat nach der Heirat. Er stirbt, nachdem seine Schwägerin, aus Rache für den Tod ihrer Schwester, ihn heiratet und ein tödliches Gift zu sich nimmt, kurz bevor er sie verschlingt. In Anatole France’s The Seven Wives of Bluebeard (Die sieben Frauen des Blaubarts) ist der Blaubart das Opfer des Märchens, und seine Frauen sind die Täter. Blaubart ist ein großzügiger, gutherziger, wohlhabender Adliger namens Bertrand de Montragoux, der eine Reihe grotesker, ehebrecherischer, schwieriger oder einfältiger Ehefrauen heiratet. Seine ersten sechs Ehefrauen sterben alle, fliehen oder werden unter unglücklichen Umständen weggeschickt, die nicht seine Schuld sind. Seine siebte Frau betrügt ihn mit einem anderen Liebhaber und ermordet ihn wegen seines Reichtums. In Angela Carters „Die blutige Kammer“ ist Blaubart ein Dekadenter der 1920er Jahre mit einer Sammlung erotischer Zeichnungen, und die Frau von Blaubart wird von ihrer Mutter gerettet, die auf einem Pferd einreitet und Blaubart zwischen die Augen schießt, und nicht von ihren Brüdern wie im ursprünglichen Märchen. In Joyce Carol Oates‘ Kurzgeschichte „Blue-Bearded Lover“ kennt die jüngste Ehefrau die ermordeten Ehefrauen Blaubarts gut: Sie schließt die Tür zum verbotenen Raum nicht auf und vermeidet so selbst den Tod. Sie bleibt bei Blaubart, obwohl sie weiß, dass er ein Mörder ist, und bringt Blaubarts Kinder zur Welt. Das Buch ist als feministischer Kampf um sexuelle Macht interpretiert worden. In Kurt Vonneguts Blaubart ist ein Maler zu sehen, der sich selbst Blaubart nennt und sein Kunstatelier als verbotene Kammer betrachtet, in die seine Freundin Circe Berman nicht gehen darf.
Theater: „Blaubart“ ist ein Drama von Ludwig Tieck, das 1797 veröffentlicht wurde. Das Stück ist eine romantische und ironische Interpretation des Märchens und stellt Blaubart als tragische Figur dar, die unter seinem eigenen Fluch leidet. „Barbe-bleue“ ist eine Operette von Jacques Offenbach aus dem Jahr 1866. Die Operette basiert auf „Blaubart“ und bietet eine humorvolle und satirische Interpretation der Geschichte.
Filme: „Bluebeard“ (1944) ist ein amerikanischer Horrorfilm von Edgar G. Ulmer. Der Film zeigt Blaubart als Serienmörder, der Frauen tötet und seine Verbrechen durch seine Karriere als Puppenspieler verdeckt. „Barbe Bleue“ (2009) ist ein französischer Film von Catherine Breillat, der eine feministische Interpretation von „Blaubart“ bietet und die Beziehung zwischen den Hauptfiguren in den Vordergrund stellt.
Musik: „Bluebeard’s Castle“ ist eine Oper von Béla Bartók aus dem Jahr 1911. Die Oper basiert auf einer ungarischen Version von „Blaubart“ und konzentriert sich auf die psychologischen Aspekte der Geschichte, indem sie die Beziehung zwischen Blaubart und seiner Frau Judith untersucht. „Bluebeard“ ist ein Lied der amerikanischen Band Cocteau Twins aus dem Jahr 1993. Das Lied bezieht sich auf das Märchen von Blaubart und verwendet metaphorische Sprache, um Gefühle von Geheimnis und Gefahr zu vermitteln.
Diese Beispiele zeigen die vielfältigen Adaptionen von Charles Perraults „Blaubart“ in verschiedenen Kunstformen und wie das Märchen im Laufe der Jahre neu interpretiert und für unterschiedliche Zielgruppen aufbereitet wurde.
Zusammenfassung des Märchen „Blaubart“
„Blaubart“ ist ein französisches Märchen von Charles Perrault, das erstmals 1697 in seiner Sammlung „Geschichten oder Erzählungen aus vergangenen Zeiten“ veröffentlicht wurde. Die Geschichte handelt von einem wohlhabenden und gefürchteten Mann namens Blaubart, der für seinen blauen Bart berüchtigt ist und der bereits mehrere Ehefrauen hatte, die auf mysteriöse Weise verschwunden sind.
Die Handlung beginnt, als Blaubart eine junge Frau heiratet. Nach der Hochzeit muss Blaubart verreisen und überlässt seiner Frau die Schlüssel zu allen Zimmern seines Schlosses. Er erlaubt ihr, alle Räume zu betreten, außer einem bestimmten, für den er ihr den Schlüssel gibt, aber sie darf diesen Raum unter keinen Umständen betreten. Getrieben von Neugier und Ungehorsam betritt die junge Frau den verbotenen Raum und entdeckt die Leichen von Blaubarts früheren Ehefrauen, die er ermordet hat. Der Schlüssel zum Raum wird mit Blut befleckt, und sie kann es nicht abwischen, egal wie sehr sie es versucht. Als Blaubart zurückkehrt und den blutbefleckten Schlüssel entdeckt, ist er wütend und droht, sie für ihren Ungehorsam zu töten.
Die Frau fleht um Gnade und bittet um etwas Zeit, um sich auf ihren Tod vorzubereiten. Währenddessen kommen ihre Brüder zu ihrer Rettung. Gerade als Blaubart im Begriff ist, seine Frau zu töten, kommen die Brüder zur Hilfe und töten Blaubart. Die junge Frau erbt daraufhin Blaubarts Besitz und beginnt ein neues Leben ohne ihren grausamen Ehemann. Das Märchen „Blaubart“ von Charles Perrault konfrontiert den Leser mit einer düsteren und unheimlichen Geschichte, in der Themen wie Neugier, Ungehorsam, Macht und Erlösung behandelt werden.
Historische Ursprünge des Märchen
Einige glauben, dass „Blaubart“ auf der wahren Geschichte des französischen Adligen Gilles de Rais basiert, der im 15. Jahrhundert wegen mehrerer Verbrechen, darunter auch Kindsmord, verurteilt und hingerichtet wurde. Es gibt jedoch keine direkte Verbindung zwischen den beiden Geschichten, und der Charakter von Blaubart könnte auch auf anderen historischen Figuren basieren. Obwohl die Figur des Blaubarts vor allem als Volksmärchen bekannt ist, scheint sie auf Legenden zu beruhen, die sich auf historische Personen in der Bretagne beziehen. Eine Quelle soll der im 15. Jahrhundert verurteilte Serienmörder Gilles de Rais sein, ein Adliger, der an der Seite von Jeanne d’Arc kämpfte und ihr offizieller Beschützer wurde.
Gilles de Rais tötete jedoch weder seine Frau, noch wurden Leichen auf seinem Grundstück gefunden. Eine weitere mögliche Quelle ist die Geschichte des frühen bretonischen Königs „Conomor der Verfluchte“ und seiner Frau Tryphine. Sie ist in einer Biografie des Heiligen Gildas überliefert, die fünf Jahrhunderte nach dessen Tod im sechsten Jahrhundert verfasst wurde. Darin wird beschrieben, wie Conomor, nachdem er Tryphine geheiratet hatte, von den Geistern seiner früheren Frauen gewarnt wird, dass er sie ermordet, wenn sie schwanger wird. Als sie schwanger ist, flieht sie. Er fängt sie und enthauptet sie, aber der heilige Gildas erweckt sie auf wundersame Weise wieder zum Leben, und als er sie zu Conomor bringt, stürzen die Mauern seiner Burg ein und töten ihn.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 62a |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 312 |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 75.5 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 36.7 |
Flesch-Reading-Ease Index | 65.1 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 9.6 |
Gunning Fog Index | 10.7 |
Coleman–Liau Index | 10.7 |
SMOG Index | 10.1 |
Automated Readability Index | 10.6 |
Zeichen-Anzahl | 6.253 |
Anzahl der Buchstaben | 4.883 |
Anzahl der Sätze | 50 |
Wortanzahl | 1.083 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 21,66 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 163 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 15.1% |
Silben gesamt | 1.533 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,42 |
Wörter mit drei Silben | 71 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 6.6% |