Vorlesezeit für Kinder: 4 min
Es war einmal eine arme Frau, die hatte einen Sohn, der wollte so gerne reisen. Da sagte die Mutter: „Wie kannst du reisen? Wir haben ja gar kein Geld, das du mitnehmen kannst.“ Da sagte der Sohn: „Ich werde mir schon helfen, und werde immer sagen: Nicht viel, nicht viel, nicht viel!“
Da ging er nun eine gute Zeit dahin und sagte immer: „Nicht viel, nicht viel!“ Kam er zu einigen Fischern und sagte: „Gott helfe euch! Nicht viel, nicht viel, nicht viel!“ – „Was sagst du, Kerl, nicht viel?“ Und als sie das Fischergarn herauszogen, kriegten sie auch nicht viele Fische. Einer der Fischer ging daraufhin mit einem Stock auf den Jungen los und sagte: „Jetzt sollst du mal deine Dresche sehen!“ und verdrosch ihn jämmerlich. „Was soll ich denn sagen?“ fragte der Junge. „Du sollst sagen: Fang voll, fang voll!“
Da ging er wieder eine Zeit lang und sagte: „Fang voll, fang voll,“ bis er an einen Galgen kam, wo gerade ein armer Sünder gerichtet werden sollte. Da sagte er: „Guten Morgen, fang voll, fang voll.“ – „Was sagst du, Kerl, fang voll? Soll es denn noch mehr böse Leute in der Welt geben? Ist das noch nicht genug?“ Und er kriegte wieder etwas auf den Buckel drauf. „Was soll ich denn sagen?“ – „Du sollst sagen: Gott tröste die arme Seele.“
Der Junge ging wieder eine ganze Zeit und sagte: „Gott tröste die arme Seele.“ Da kam er an einen Graben, da stand ein Abdecker, der zog einem Pferd die Haut ab. Der Junge sagte: „Guten Morgen, Gott tröste die arme Seele!“ – „Was sagst du da, dummer Kerl?“ sagte der Abdecker und schlug ihm mit seinem Haken eins hinter die Ohren, dass er nicht mehr aus den Augen sehen konnte. „Was soll ich denn sonst sagen?“ – „Du sollst sagen: da liegt das Aas im Graben!“
Da ging er wieder weiter und sagte immerzu: „Da liegt das Aas im Graben! Da liegt das Aas im Graben!“ Dann kam er zu einem Wagen voll Leute, und sagte: „Guten Morgen! Da liegt das Aas im Graben!“ Da fiel der Wagen um in einen Graben, der Knecht kriegte die Peitsche her und verbläute den Jungen so, dass er zu seiner Mutter heimkriechen musste. Und er ist sein Lebtag nie wieder auf Reisen gegangen.
Hintergründe zum Märchen „Auf Reisen gehen“
„Auf Reisen gehen“ (Original: „Up Reisen gohn“; englisch: „Going a Traveling“) ist ein deutsches Märchen, das die Gebrüder Grimm mit der Märchennummer 143 gesammelt haben. Es ist Aarne-Thompson Typ 1696 (Was hätte ich sagen sollen?).
Handlung und Zusammenfassung des Märchen
Vor langer, langer Zeit lebten eine Mutter und ihr Sohn. Der Sohn erzählte der Mutter, dass er auf eine Reise gehen wolle. Die Mutter war sehr besorgt darüber, da sie sehr arm waren. Der Sohn sagte ihr, dass es ihm gut gehen würde, und er sagte immer „nicht viel“.
Eines Tages kam er auf seinen Reisen an einer Gruppe von Fischern vorbei, während er „nicht viel“ sagte. Die Fischer konnten keinen Fisch fangen und waren sehr wütend auf ihn. Er fragte sie, was er stattdessen sagen sollte. Sie sagten ihm, er solle sagen: „Sättigen Sie ihn“.
Er fuhr fort zu sagen: „Sättigen, sättigen“, während er unterwegs war. Dann kam er an einem Galgen vorbei, als einige Gefangene gehängt wurden. Der Henker wurde wütend und sagte: „Es ist also gut, noch mehr Verbrecher zu haben? Der junge Mann fragte, was er stattdessen sagen sollte. Der Henker sagte ihm, er solle sagen: „Gott, bitte habe Mitleid mit der armen Seele“.
Dann stieß er auf eine Gruppe von Knackern, die gerade ein Pferd häuteten, während er sagte: „Gott, bitte habe Mitleid mit der armen Seele“. Die Pferdeschlächter wurden wütend und sagten ihm, er solle sagen: „Da liegt das tote Fleisch in der Grube“.
Der junge Mann reiste also weiter, während er sagte: „Da liegt das tote Fleisch in der Grube“. Ein Wagen fuhr vorbei und fiel in eine Grube. Die Leute in dem Wagen waren wütend und fingen an, den jungen Mann anzugreifen. Er lief nach Hause zurück und ging nie wieder in seinem Leben auf Reisen.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Bildquellen: © Andrea Danti / Shutterstock
Copyright-Hinweis: Hintergrund-Informationen, Zusammenfassungen und Analysen zum Märchen sind selbst verfasste urheberrechtlich geschützte Texte, die Sie nicht kopieren dürfen. Die Erstellung dieser Informationen, hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis. Sie können den Beitrag gerne auf Facebook, WhatsApp, in Foren oder auf Ihrer eigenen Webseite verlinken.