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Des Hundes Not
Grimm Märchen

Des Hundes Not - Märchen von Ludwig Bechstein

Vorlesezeit für Kinder: 9 min

Es war ein Hund, der lag hungrig und kummervoll auf dem Felde, da sang über ihm eine Lerche ihr wonnigliches Lied. Als der Hund das hörte, da sprach er: »O du glückliches Vögelein, wie froh du bist, wie süß du singst, wie hoch du dich aufschwingst! Aber ich – wie soll ich mich freuen? Mich hat mein Herr verstoßen, seine Türe hinter mir versperrt, ich bin lahm, bin krank, kann kein Essen erjagen und muss hier Hungers sterben!«

Wie die Lerche den hungrigen Hund so klagen hörte, flog sie nahe zu ihm und sprach: »O du armer Hund! Mich bewegt dein Leiden, wirst du mir auch Dank wissen, wenn ich dir helfe, dass du satt wirst?«

»Womit, Frau Lerche?« fragte der Hund mit matter Stimme, und die Lerche antwortete: »Sieh, dort kommt ein Kind gegangen, das trägt Speise zu jenem Ackersmann; ich will machen, dass es die Speise niederlegt und mir nachläuft, indes gehst du hinzu und isst den Käse und das Brot und stillst deinen Hunger!«

Der Hund bedankte sich für dieses freundliche Anerbieten, und die Lerche flog nun dem Kind entgegen und begann es zu äffen. Bald lief sie vor ihm, bald flatterte sie auf dieser, bald auf jener Seite, bis das Kind dachte: »Die Lerche muss ich fangen.« Die Lerche stellte sich flügellahm und ließ einen ihrer kleinen Flügel hängen wie gebrochen. Das Kind griff oft nach ihr, aber tat es vergebens mit der einen Hand, und da legte es sein Tüchlein nieder, darin es das Essen trug, und lief der Lerche nach, die immer voran in einen Grund flog; indessen erhob sich der Hund, hinkte nach dem Tuch und schnüffelte hinein, da lag ein Stück Brot, ein Quarkkäse und vier gute Eier, die fraß er ungesotten und ungeschält und danach den Käse, und das Brot nahm er mit, als er fortkroch und sich im Korn versteckte.

Die Lerche, als sie merkte, dass der Hund sein Teil hatte, flog in die Lüfte und sang lustig; das geäffte Kind aber verwünschte sie und noch viel mehr, als es sein Tüchlein leer fand. Weinend ging es zurück zu seiner Mutter, und ob es Schläge bekommen hat, weiß ich nicht; es wird aber wohl etwas dergleichen abgefallen sein.

Die Lerche flog zum Hund hin und fragte ihn, wie er sich jetzt befinde? Er sagte ihr schönen Dank, und nie sei ihm wohler gewesen. »Nur eine Bitte, liebe Frau Lerche, habe ich noch auf dem Herzen«, sprach er, »wer satt ist, der ist gern froh. O bitte, erzählet mir noch etwas, davon ich ein wenig lachen und lustig werden kann.«

»Wohlan!« sprach die Lerche. »Folge mir.« Und da flog die Lerche voran, und der Hund folgte ihr zu einer Scheuer, auf deren Dachboden man von der Erde leicht gelangen konnte; da hinauf hieß die Lerche den Hund steigen und hinuntergehen, denn der Boden war schadhaft und durchgebrochen. Unten auf der Tenne standen zwei Kahlköpfe, die droschen; da setzte sich flugs die Lerche dem einen auf die Glatze, und flugs klapste der andere mit der Hand darauf, vermeinend, die Lerche zu fangen; das kluge Vöglein war aber schneller als er und flog zur Seite.

»Nun, Geselle, was soll das? Was schlägst du mich?« fragte der erste Kahlkopf den andern. Der entschuldigte sich, dass ein Vöglein sich jenem auf den Kopf gesetzt, dieses habe er fangen wollen; habe der Klaps weh getan, sei es ihm leid. Indem setzte sich die Lerche auf die Glatze dessen, der eben sprach, und da schlug gleich der andere hin, so hart, dass der Kopf gewiss zersprungen, wenn er von Glas gewesen wäre, wenigstens brummte er dem Geschlagenen tüchtig. Nun ging gleich das Schelten los, und beide Drescher warfen ihre Flegel hin und wollten einander in die Haare. Weil sie nun keine Haare hatten, so konnte keiner dem anderen welche ausraufen, und so kratzten sie einander und stießen sich hart; da ging es Glatz wider Glatz und Kratz wider Kratz, auch zerrten sie sich an den Ohren, und darüber musste der Hund so unbändig lachen, dass ihm ganz weh wurde, und er weder liegen noch stehen konnte, und da purzelte er vor Lachen von dem Boden hoch herunter, den Dreschern gerade auf die Kahlköpfe, dass sie stutzten, denn der Hund war schwer, und diese Art, Haare auf den Kopf zu bekommen, kam ihnen spanisch vor. Sie wandten ihren Zorn gleich vereint gegen den Hund, und da sie Drescher waren, so droschen sie ihn, so lange, bis er mit Ach und Krach durch ein Loch in der Scheuerwand und durch den Zaun fuhr, wobei ihm nicht nur das Lachen, sondern schier Hören und Sehen verging. Ganz mürb und krumm legte er sich in das Gras hinter den Zaun, und da kam die Lerche geflogen und fragte: »Edler Herr, wie befinden Sie sich?«

»Ach, Frau Lerche«, ächzte der Hund, »ich habe vollauf genug. Ich bin ein ganz geschlagener Mann! Ich glaube, meiner Treu, ich habe gar keinen Rücken mehr, die Drescher haben mir das Fell bei lebendigem Leibe abgeschunden und gegerbt. Ach, soll ich länger leben, so muss ich einen Wundarzt haben!« »Wohl und getrost! Ich hole dir auch den, so es irgend möglich ist«, sprach die Lerche und flog von dannen.

Bald fand sie einen Wolf, den redete sie an: »Herr Wolf? Ihr habt wohl gar keinen Appetit?«

»Ach, Frau Lerche«, war die Antwort, »was das betrifft, so kann ich mit Wolfshunger dienen.«

»Nun, wenn Ihr mir es danken wollt«, sprach die Lerche weiter, »so wollte ich Euch wohl weisen, wo ein feister Hund liegt, der Euch kaum entrinnen wird!«

»O meine edle Königin, wie gnädig Ihr seid!« schmeichelte und schmunzelte der Wolf und leckte sich die Zähne. Die Lerche flog vor ihm her, und er folgte ihr, und wie sie zu dem Hund kam, redete sie ihn an: »Nun, Geselle? Schläfst du? Willst du nicht den Arzt sehen? Richte dich auf, dort kommt der Doktor!«

»Wo? Frau Lerche, wo?« fragte der Hund ganz müde; aber als er den Wolf sah, da schrie er: »Nein, Frau Lerche, nein! Diesen Doktor nicht! Haltet ihn zurück! Ich bin gesund!« Und mit einem Satz war der Hund auf den Beinen und fort – dass ihm kein Zaun zu hoch und kein Graben zu breit war.

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Hintergründe

Interpretationen

Analyse

„Des Hundes Not“ von Ludwig Bechstein ist ein lehrreiches Märchen über einen hungrigen Hund und eine hilfsbereite Lerche. Der Hund wurde von seinem Herrn verstoßen und klagt sein Leid. Eine Lerche, gerührt von seinem Schicksal, beschließt zu helfen, indem sie ein Kind austrickst, sodass der Hund zu Nahrung kommt. Nachdem der Hund satt ist, bittet er die Lerche um eine Geschichte, die ihn zum Lachen bringt. Hierbei wird er Zeuge eines komischen Streits zwischen zwei Kahlköpfen, in den er unglücklich hineingerät und verprügelt wird. Die Lerche verspricht erneut Hilfe und führt einen Wolf zu dem Hund, angeblich als „Arzt“, was den Hund zur Flucht bewegt.

Dieses Märchen spielt mit den Themen Freundschaft, Täuschung und der Tücke des Schicksals. Die Lerche versucht immer wieder, dem Hund zu helfen, doch ihre gut gemeinten Aktionen führen schließlich dazu, dass sich das Schicksal des Hundes verschlechtert. In der Erzählung wird sowohl die Listigkeit der Lerche als auch die Verzweiflung des Hundes veranschaulicht. Trotz der humorvollen Elemente und der scheinbaren Hilfe endet die Geschichte in der Erkenntnis, dass nicht alle Hilfe wirklich hilfreich ist und dass der Hund letztendlich selbst das Heil in die eigene Pfote nehmen muss.

„Des Hundes Not“ von Ludwig Bechstein ist ein klassisches Märchen, das verschiedene interpretative Ansätze zulässt. Das Märchen erzählt die Geschichte eines hungrigen und verzweifelten Hundes, der von seinem Herrn verstoßen wurde, aber mit der Hilfe einer freundlichen Lerche lernt, seine Notlage zu überwinden – zumindest vorübergehend.

Hier sind einige mögliche Interpretationen und Themen, die man aus der Geschichte ziehen kann:

Mitgefühl und Hilfsbereitschaft: Die Lerche zeigt Mitgefühl und Hilfsbereitschaft gegenüber dem Hund, der in Not ist. Dies könnte als Ermutigung zum Ausdruck von Empathie und Unterstützung für Bedürftige gesehen werden.

Dankbarkeit und unerwartete Konsequenzen: Obwohl der Hund der Lerche dankbar ist, zeigen die nachfolgenden Ereignisse, dass nicht alle Hilfe gut endet. Die komödiantische Einlage mit den Dreschern und das Missgeschick des Hundes führen zu einem schmerzhaften Erlebnis.

Klugheit und Überlebensinstinkt: Der Hund zeigt, wie Klugheit und ein gewisser Überlebensinstinkt helfen können, Hindernisse zu überwinden. Die Lerche benutzt ihren Verstand und ihre Fähigkeiten, um dem Hund zu helfen, während der Hund am Ende schnell handeln muss, um dem Wolf zu entkommen.

Unbeabsichtigte Konsequenzen und Moral: Die Geschichte zeigt, dass gute Absichten manchmal zu unbeabsichtigten Konsequenzen führen können, wie der Ärger des Kindes, das seiner Nahrung beraubt wurde, oder die Schläge, die der Hund durch die Drescher erleidet.

Die Ironie der Hilfe durch einen Feind: Am Ende wird der Hund durch die Bedrohung eines neuen Feindes, des Wolfs, motiviert, seine Lethargie zu überwinden und wieder seine Stärke zu finden, um zu entkommen.

Das Märchen enthält sowohl humorvolle als auch lehrreiche Elemente und reflektiert über Themen wie Güte, Dankbarkeit, die Herausforderungen des Lebens und die Komplexität der Hilfeleistung. Ludwig Bechstein schafft es, mit einfachen Charakteren und einer klaren Handlung eine Geschichte zu erzählen, die viel Raum für Interpretation bietet.

Ludwig Bechsteins „Des Hundes Not“ ist ein Märchen, das sprachlich und inhaltlich reich an Metaphern, Symbolik und traditionellen Elementen ist. Eine linguistische Analyse dieses Märchens kann mehrere Aspekte betrachten:

Struktur und Erzählstil

1.
Klassische Märchenstruktur:

Einleitung und Ausgangssituation: Der Hund, hungrig und verlassen, stellt das zentrale Problem des Märchens dar.
Entwicklung: Die Lerche interagiert mit dem Hund und bietet ihm Hilfe an, was die Handlung in Gang setzt.
Kulmination und Lösung: Der Hund wird durch die Lerche vorübergehend satt, gerät jedoch in eine schwierige Lage durch seine eigene Unvorsicht und den Angriff der Drescher.
Schluss: Der Wolf symbolisiert die endgültige Bedrohung, vor der der Hund flieht, was zu einer unerwarteten Wendung führt.

2.
Erzählperspektive:
– Bechstein nutzt einen auktorialen Erzähler, der allwissend wirkt und die inneren Zustände der Figuren beschreibt. Dies verleiht dem Märchen eine gewisse Distanz und doch einfühlsame Nähe zu den Charakteren.

Sprachliche Merkmale

1.
Verwendung von Direkter Rede:
– Die Dialoge zwischen Hund und Lerche sowie mit anderen Figuren sind einfach gehalten und verleihen den Charakteren Persönlichkeit. Die direkte Rede treibt die Handlung voran und erleichtert die Charakterisierung.

2.
Symbolik:

Der Hund: Symbolisiert oft Treue und Loyalität, hier jedoch auch Not und Verzweiflung.
Die Lerche: Ein Symbol für Freiheit und das Positive, aber auch für Täuschung, da sie das Kind austrickst.
Der Wolf: Verkörpert Gefahr und Bedrohung, entspricht dem typischen Rollenbild des Märchens.

3.
Bildliche Sprache und Sprichwörter:
– Der Text enthält lebhafte Beschreibungen und Metaphern, z. B. „dass der Kopf gewiss zersprungen“ als hyperbolische Darstellung der Auseinandersetzung zwischen den Dreschern.

4.
Stilmittel:

Antithese: Die Gegenüberstellung der Freude der Lerche und des Leidens des Hundes zu Beginn schafft Spannungen und Interesse.
Ironie: Die Episode am Ende, bei der der Hund behauptet, er sei gesund, nachdem er den Wolf sieht, zeigt humorvolle Ironie.

Inhaltliche Analyse

1.
Themen:

Freundschaft und Verrat: Die Lerche hilft dem Hund, aber ihr Verhalten ist nicht ohne Eigennutz und führt zu weiteren Komplikationen.
Überleben und Anpassung: Der Hund muss lernen, sich an neue und oft feindliche Umgebungen anzupassen.
Moralität: Das Verhalten der menschlichen und tierischen Charaktere kann zu Diskussionen über Moral und Konsequenzen von Aktionen anregen.

2.
Moralische Lehre:
– Anders als viele klassische Märchen, bietet Bechsteins Erzählung keine klar definierte moralische Lehre, sondern lässt Raum für Interpretationen bezüglich der Weisheit und der Entscheidungen der Charaktere.

Insgesamt bietet „Des Hundes Not“ ein reichhaltiges Feld für linguistische und literarische Untersuchungen, indem es traditionelle Märchenelemente mit einzigartigen erzählerischen Wendungen kombiniert.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
Lesbarkeitsindex nach Amstad90.2
Lesbarkeitsindex nach Björnsson22.1
Flesch-Reading-Ease Index81
Flesch–Kincaid Grade-Level4.3
Gunning Fog Index5.4
Coleman–Liau Index10.4
SMOG Index7.6
Automated Readability Index4.2
Zeichen-Anzahl1.917
Anzahl der Buchstaben1.496
Anzahl der Sätze36
Wortanzahl336
Durchschnittliche Wörter pro Satz9,33
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben43
Prozentualer Anteil von langen Wörtern12.8%
Silben gesamt462
Durchschnittliche Silben pro Wort1,38
Wörter mit drei Silben21
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben6.3%
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