Vorlesezeit für Kinder: 18 min
Es zogen einmal drei junge Musikanten aus ihrer Heimat in die Fremde, sie hatten alle drei bei einem Meister die Musik gelernt und wollten nun auch vereint bleiben und ihr Glück in fremden Landen versuchen. Von Ort zu Ort wanderten sie fröhlich dahin, spielten auf zu Kirmes- und Festtagtänzen und gewannen durch ihre lustigen Musikstücklein gar manchen schweren Batzen, neben dem stillen und lauten Beifall. So kamen sie denn auch einmal in ein Städtchen und belustigten am Abend die Gesellschaft mit schöner Musik. Endlich hörten sie auf aufzuspielen, sondern tranken eines, taten manchem Bescheid und gaben auch zum Gespräch der Gäste ihren Teil. Da ward mancherlei Verwunderliches durcheinander geplaudert und erzählt. Zunächst ging die Rede von einem Zauberschloss, welches sich in der Nähe des Städtchens befände und von welchem ebensoviel Wunderschönes als Wunderbares erzählt wurde. Bald hieß es: ja, dort sind ungeheure Schätze, dort ist stets Überfluss an den köstlichsten Lebensmitteln, obgleich keine Menschenseele darinnen wohnt – bald hieß es wieder: aber dort ist ein schrecklicher Gespensterspuk. Wer seinen Buckel weiß hinein trägt, bringt ihn braun und blau gefärbt wieder heraus, ohne die Schätze gehoben oder den Zauber gelöst zu haben. Dies und vieles andere wurde hin und her geredet über das verzauberte Schloss. Die drei Musikanten waren nicht sobald allein in ihrem Schlafkämmerlein, als sie sich lange unterredeten und zugleich den Gedanken erfassten, das rätselhafte Schloss sich näher zu besehen, ja, sogar sich hineinzuwagen, um möglicherweise die dort verborgenen und verzauberten Schätze zu heben. Nun wurden sie einig unter sich, dass ein jeder einzeln, einer nach dem andern, sich hineinwagen sollte, je nach der Älte, und dass einem jeden ein ganzer Tag dazu vergönnt sein sollte, sein Abenteuer zu bestehen.
Der erste Glücksversuch fiel dem Geiger zu. Der machte sich mutvoll und ohne Säumen auf das Schloss und fand, als er dort anlangte, die Eingangspforten schon offen, als ob man seiner geharrt hätte; doch als er über die Schwelle geschritten war, schlug hinter ihm die schwere Türe zu, und es sprang ein riesiger Eisenriegel vor, obgleich kein lebendes Wesen zu erblicken war, doch als wenn ein strenger Pförtner hier sein Amt verrichte und Wache halte – und dem Geiger kam ein Grausen an, so dass sein Haar sich auf dem Wirbel sträubte. Aber er konnte weder umkehren noch verweilen, und es kräftigte ihn wieder der Gedanke an das zu hoffende Glück, an Gold und Schätze. Treppe auf, Treppe ab wanderte der Jüngling, durch herrliche Zimmer, kostbare Säle, trauliche Kabinettchen – alles prachtvoll ausgestattet und in der schönsten Sauberkeit erhalten. Aber überall war eine Totenstille, auch nicht das kleinste Mückchen lebte und wohnte hier. Doch dem Jüngling wuchs der Mut aufs neue, zumal als er den untern Räumen, Küche und Gewölben, sich zuwandte, wo in Fülle die seltensten und köstlichsten Speisevorräte vorhanden waren, in den Gewölben die Weinflaschen hoch aufgespeichert lagen und alle Sorten süßer eingemachten Früchte in großen Gläsern nach der Reihe standen. In der schönen blanken Küche knisterte vertraulich ein helles Feuerlein, und darüber ward von unsichtbarer Hand ein Bratrost gesetzt, und ein ausgesuchtes Wildbretfleisch tanzte aus dem Gewölbe herein in die Küche und auf den Rost; und viele andre Speisen, feine Gemüse und Pasteten und köstliches Backwerk wurden ebenso schnell als kostbar von unsichtbaren Händen zubereitet und dann in eins der schönsten Zimmer, wohin sich der Jüngling begeben hatte, ihm nachgetragen und auf einer gedeckten Tafel vor ihm ausgesetzt. Der Jüngling ergriff zuerst sein Instrument und ließ klangvoll seine schönen Melodien durch die stillen Räume schallen, worauf er sich dann ohne Zaudern zur einladenden Tafel setzte und zu schmausen anfing. Doch nicht lange, so öffnete sich die Türe, und es trat ein Männlein herein, etwa drei Ellenbogen hoch, mit einem Scharlachröcklein angetan, mit verwelktem Gesichtlein und einem grauen Bart, der bis auf die großen silbernen Schuhschnallen reichte. Und das Männlein setzte sich schweigend neben den Geiger und schmauste mit. Als nun die Reihe an den schönen Wildbretbraten kam, nahm der Geiger die Schüssel und nickte dem Männlein zu, doch zuerst zuzulangen, und dieses spießte lächelnd ein Stück Fleisch an die Gabel und nickte wieder und ließ dabei das Bratenstückchen unter den Tisch fallen. Gefällig bückte sich da gleich der gute Geiger, um es wieder aufzuheben; aber im Nu saß ihm schon das Bartmännlein auf dem Rücken und bläute so unbarmherzig auf ihn los, als ob es ihm das Lebenslicht ausblasen wolle. Und auch des Geigers Mund wurde zugehalten, bis unter unaufhörlichen Prügeln derselbe endlich zur großen Eingangspforte hinausgeschoben ward. Draußen schöpfte der halbtote Geiger frischen Odem und schlich dann ächzend dem Gasthof zu, wo die Kameraden geblieben waren. Es war schon Nacht, als er ihn erreichte, und jene beiden schliefen bereits. Am andern Morgen sahen sie ganz erstaunt den Geiger ebenfalls im Bette liegen und bestürmten ihn bald mit vielen Fragen; doch er kraute sich Kopf und Rücken, gab sehr kurze Antworten und sprach: »Gehet hin und sehet selber zu! Es ist eine kitzliche Sache.«
Der zweite Musiker, ein Trompeter, trat nun den Gang nach dem Zauberschloss an, fand alles ebenso wie das gebläute Geigerlein und wurde auch ebenso bewirtet mit Pasteten und Prügeln, so dass er am folgenden Morgen ebenfalls wie ein geprellter Fuchs auf seinem Lager lag und klagte, es sei ihm absonderlich aufgespielt worden, aus grober Tonart.
Dennoch hatte der dritte, ein Flötenbläser, noch Mut genug, um sein Heil im Zauberschloss zu versuchen. Er war der pfiffigste. Furchtlos durchwanderte er das ganze Schloss, es deuchte ihm recht angenehm, diese schönen Räume für immer zu besitzen; in Küche und Keller war ja Vorrat an Lebensmitteln die Hülle und Fülle. Bald ward auch für ihn eine kostbare Tafel gedeckt, und als er lange genug fröhlich singend und flöteblasend herum gewandert war, nahm er Platz und ließ es sich behagen. Da trat wieder das Bartmännlein herein und setzte sich neben den Gast. Und der unerschrockene Musikant ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein und tat gerade, als ob er ihn schon hundertmal hier getroffen, doch war das Männlein nicht sehr redselig. Endlich kam es wieder an den Braten, und das Männlein ließ wieder mit Absicht ein Stück fallen; gutmütig war eben der Flötenbläser im Begriff es aufzunehmen, als er gewahrte, dass das Zwerglein flugs auf seinen Rücken springen wollte. Da wandte er sich alsbald rasch um, riss es von sich und packte und schüttelte das Männlein an seinem Bart so derb, bis er denselben zuletzt ganz herausriss und der kleine Alte ächzend niederstürzte. Aber so wie der Jüngling den Bart in seinen Händen hatte, überkam ihn eine außerordentliche Kraft, und er erschaute im Schloss noch viel wunderbarere Dinge als vorher; dagegen hatte das Männlein fast alles Leben verloren; es winselte und flehte: »Gib, o gib mir meinen Bart wieder, so will ich dir allen Zauber, der dieses Schloss umfasst, kundtun und dir dazu verhelfen, den Zauber zu lösen, so dass du dadurch reich und ewig glücklich werden wirst.«
Der kluge Flötenbläser aber sprach: »Deinen Bart sollst du wieder haben, doch musst du mir zuvor alles dies kundtun, sonst bis du ein Schalk. Und eher gebe ich den Bart nicht aus meinen Händen.« Da musste der Alte sich bequemen, erst sein Versprechen zu erfüllen, ob er es gleich nicht willens gewesen war, sondern nur mit List seinen Bart wieder an sich bringen wollte. Der Jüngling musste ihm nun folgen, durch dunkle geheime Gänge, unterirdische Gewölbe und gräuliche Felsklüfte, bis sie endlich auf ein freies Gefilde kamen, das gänzlich aussah wie eine viel schönere Welt als die unsrige. Und an einen Strom kamen sie, der brauste wild; doch das Männlein zog einen kleinen Stab hervor und schlug ins Wasser, worauf alsbald die Flut auseinander trat und stille stand, bis beide trockenen Fußes hinüber waren. Drüben war es eine Pracht! da ging es weiter durch grüne, herrliche Laubgänge, überall Blumen, Vöglein mit Silber- und Goldfedern, die sangen wundersam, und glänzende Käfer und Schmetterlinge gaukelten und tanzten herum, und andere niedliche Tiere schäkerten in Büschen und Hecken; und der Himmel über ihnen sah nicht blau, sondern wie pure Goldstrahlen aus, und die Sterne waren viel größer und kreisten wie in verschlungenen Tänzen durcheinander.
Der Jüngling staunte; und staunte noch mehr, als er von dem grauen Zwerglein in ein noch weit prachtvolleres Gebäude als das Wunderschloss geführt wurde. Auch hier herrschte neben aller Herrlichkeit die tiefste Stille in den Gemächern, und als sie deren viele durchwandert, kamen sie in eins, das ganz mit Schleiern behangen war, wo in der Mitte des Zimmers ein dicht verhalltes Bette stand, darüber ein schöner Vogelbauer hing mit einem Vöglein, das gar helle Lieder durch die einsame Stille schmetterte. Das graue Männlein hub die Schleier und Hüllen vom Bette und führte den Jüngling näher; dieser sah hier auf weichen seidenen Kissen, die reich mit Goldtroddeln behangen waren, ein gar liebliches Mädchen schlafend daliegen, das war so schön wie ein Engel, hatte ein weißes Kleidchen an, und über ihre Brust und Schultern wallten die goldnen Locken herab, und auf dem Haupte blitzte eine demantne Krone; aber ein tiefer totenähnlicher Schlaf hielt die sanften Züge gefangen, und kein Geräusch vermochte die holde Schläferin zu erwecken. Da sprach das Männlein zu dem verwunderten Jüngling: »Siehe hier dieses schlafende Kind! Es ist eine hohe Prinzessin. Dieses schöne Schloss und dieses gesegnete Land ist ihr Erbgut, wann sie erlöset ist; aber seit Jahrhunderten schläft sie den festen Zauberschlaf, und auch seit Jahrhunderten fand noch keine menschliche Seele den Weg, der hierher führt, den nur ich täglich zurücklegte, um dort im Schloss, das meine Wohnung ist, zu speisen und etwa die goldbegierigen Menschen, die sich einfanden, mit einem Gericht Prügel zu bedienen. Ich bin der Wächter über diese Schläferin und musste sorgfältig verhüten, dass kein Fremder hier eindringe, und dazu ward mir mein Bart, in dem solche übermäßigen Kräfte wohnen, dass auch ich ebenfalls seit Jahrhunderten diesen Zauber zu üben vermag. Doch nun, wo mir der Bart entrissen, bin ich kraftlos und muss dieses überschwängliche Glück, das mit der holden Prinzessin erwacht, dir entdecken und überlassen. Und so schicke dich rasch zur Ausführung des Erlösungswunders. Nimm diesen Vogel, der über der Prinzessin hängt und der sie einst in den Zauberschlummer gesungen hat und seitdem jene Melodien auch immerfort singen musste, nimm ihn, schlachte ihn und schneide ihm das kleine Herz aus, brenne es dann zu Pulver und gib dieses der Prinzessin in den Mund, alsbald wird sie davon erwachen und wird dich beglücken mit Hand und Herz, mit Land und Schloss und allen ihren Schätzen.«
Das Männlein schwieg erschöpft, und der Jüngling säumte nicht, an das Werk der Erlösung zu gehen. Schnell und gut wurde alles getreu nach der Angabe des kleinen Alten ausgeführt und das Pülverlein bereitet. Nach wenigen Minuten, als es der Prinzessin gegeben war, schlug sie frisch und lächelnd die Augen auf und hob sich vom Lager empor und sank dem glücklichen Jüngling an die Brust, liebkoste und dankte ihm und nahm ihn zu ihrem Gemahl an. Und in demselben Moment zog ein Donnern und Krachen durch das Schloss, auf allen Treppen wurde es laut, und in allen Zimmern wurde es geräuschvoll. Und endlich kam eine Schar Diener und Dienerinnen mit freundlichen Gesichtern in das Zimmer getreten, in dem das glückliche Paar weilte, und alle freuten sich und flogen dann flink und froh in die Küchen und Kellerräume, in Zimmer und Säle und Gänge an ihre Arbeit, und waren alle wie neugeboren.
Das graue Zwerglein aber heischte nun streng seinen Bart von dem Jüngling und gedachte immer noch in seinem boshaften Herzen, dem Glücklichen einen Possen zu spielen. Denn, wenn ihm der Bart erst wieder am Kinn saß, hatte er Macht, alle Sterblichen zu überwältigen. Allein der kluge Flötenbläser gebrauchte noch immer Vorsicht mit dem tückischen Männlein, er sprach: »Oh, deinen Bart sollst du wieder haben, sei nicht bange, ich will ihn dir zum Abschied überreichen, aber erlaube, dass wir beide, meine holde Braut und ich, dich eine kleine Strecke begleiten dürfen.« Das konnte das Männlein nicht verweigern. Sie gingen nun weit durch schöne Laubgänge und Blumenbeete mit dem Zwerg und kamen endlich an das ungeheuer tiefe, rauschende Wasser, das viele viele Meilen weit in der Runde um das Land der Prinzessin strömte und gleichsam die Grenzscheidung bildete. Keine Brücke und kein Nachen war rings vorhanden, worauf Menschen das jenseitige Ufer erreichen konnten; auch kein kühner Schwimmer hätte es errungen, denn die Wellenflut war zu tosend und wild. Da sprach der Jüngling zu dem Männlein: »Gib mir deinen Stab, auf dass ich dir diesmal noch zur Ehre das Wasser auseinander scheide.« Und das Männlein musste gehorchen, weil es seine Bartkräfte noch nicht wieder hatte, und dachte auch im stillen noch in hämischer Freude: wenn er mir drüben über dem Wasser den Bart überreicht, so bekomme ich ihn doch in meine Gewalt, nehme ihm dann den Stab wieder ab, und beide können ihr wunderschönes Land nie betreten. Aber nicht also gingen des Zwerges boshafte Gedanken aus. Der kluge, glückliche Jüngling schlug mit dem Stab ins Wasser, es teilte sich behände und stand stille, und der Zwerg ging voran und ging hinüber, und schnell hinter ihm brauste die Flut zusammen; aber der Jüngling war mit seiner lieben Braut am andern Ufer zurückgeblieben, er behielt den Zauberstab und schleuderte nur den Bart übers Wasser hinüber, so dass ihn der Zwerg drüben auffing und sich ihn wieder ansetzte; und so ward der Alte doch um seinen Zauberstab betrogen und durfte hinfort nimmer wieder das herrliche Gebiet betreten. Und der glückliche Jüngling kehrte zurück ins Schloss mit seiner Holden, zu steter Freude und Glückseligkeit; und keine Sehnsucht kam ihm in sein Herz, je wieder zu seinen Kameraden zurückzukehren. Die saßen lange im Wirtshaus, und als jener nicht wiederkam, sprachen sie: »Der ist flöten gegangen« – und das ist hernach zum Sprichwort geworden, wenn einer oder eine Sache abhanden und nicht wiederkommt.

Hintergründe
Interpretationen
Analyse
„Die drei Musikanten“ von Ludwig Bechstein ist ein Märchen, das auf den klassischen Themen von Mut, Abenteuer und Belohnung basiert. Die Geschichte handelt von drei Musikanten, die in die Fremde ziehen, um ihr Glück zu finden und von einem verzauberten Schloss hören, das angeblich sowohl Schätze als auch Spuk beherbergt. Trotz der Warnungen entscheiden sie sich, das Schloss zu erkunden.
Jeder der Musikanten versucht nacheinander sein Glück. Der erste, ein Geiger, und der zweite, ein Trompeter, werden beide von einem kleinen Männlein mit einem langen Bart überlistet und erleiden Prügel, ohne den Zauber des Schlosses zu lösen. Der dritte Musikant, ein Flötist, ist pfiffig und mutig genug, um sich mit dem Männlein zu unterhalten und schließlich den Spieß umzudrehen, indem er ihm den Bart ausreißt.
Ohne seinen Bart verliert das Männlein seine magische Kraft und offenbart dem Flötisten, dass das Schloss und seine Reichtümer Teil eines Fluches sind, der eine schlafende Prinzessin in einer verzauberten Welt betrifft. Um den Fluch zu brechen, schlägt das Männlein vor, einen Vogel zu opfern, dessen Herz der Prinzessin ins Maul gelegt werden muss, um sie zu wecken.
Der Flötist befolgt die Anweisungen, befreit die Prinzessin von ihrem Fluch und erbt dadurch das Schloss und die Reichtümer. In einem klugen Schachzug sorgt der Flötist dafür, dass das Männlein nicht wieder an seine alten Kräfte kommt, indem er seinen Bart erst nach der sicheren Rückkehr zur Prinzessin zurückgibt. Schließlich lebt der Flötist glücklich mit der Prinzessin, während seine Kameraden weiterziehen und ihr eigenes Schicksal suchen.
Dieses Märchen verkörpert klassische Motive wie die Überwindung eines Fluchs durch Klugheit und Mut sowie die moralische Lehre, dass Belohnungen oft mit Verstand und Entschlossenheit verdient werden. Der triumphale schlaue Plan des Flötisten über das Männlein zeigt, dass List und Tapferkeit in Geschichten oft wichtiger sind als rohe Kraft.
Die Geschichte „Die drei Musikanten“ von Ludwig Bechstein dreht sich um drei junge Musiker, die aus ihrer Heimat in die Fremde ziehen, um ihr Glück zu finden. Bei einem Aufenthalt in einem kleinen Städtchen hören sie von einem verzauberten Schloss in der Nähe, über das viele wundersame Dinge erzählt werden. Trotz Warnungen vor einem unheimlichen Gespensterspuk und der Gefahr, körperlich Schaden zu nehmen, beschließen die Musiker, das Schloss zu erkunden, um möglicherweise die dort verborgenen Schätze zu heben.
Jeder der Musiker besucht nacheinander das Schloss. Der Geiger und der Trompeter scheitern an derselben Herausforderung: Ein geheimnisvolles Männlein, klein von Gestalt, überlistet sie und schlägt sie mit seinem Bart, während sie versuchen, ein Stück Fleisch vom Boden aufzuheben. Beide kehren geschlagen und erniedrigt zu ihren Freunden zurück.
Der dritte Musiker, ein Flötenspieler, ist jedoch mutiger und schlauer. Er durchschaut den Trick des Männleins, entzieht sich geschickt dessen Angriff und erlangt im Kampf dessen magischen Bart, der große Kräfte verleiht. Das Männlein ist nun gezwungen, den Flötenspieler in eine bessere, magische Welt zu führen, in der ein noch schöneres Schloss steht. Dort entdeckt der Musiker eine schlafende Prinzessin, die verzaubert und nur durch das Herz eines magischen Vogels wieder erweckt werden kann.
Mit der Hilfe des Männleins vollbringt der Musiker die nötigen Rituale, erweckt die Prinzessin und wird von ihr herzlich aufgenommen und geheiratet. Er erlangt das Schloss, das Land und all dessen Schätze. Durch seine Klugheit verhindert der Flötenspieler auch, dass das Männlein seine Macht wiedererlangt und kehrt schließlich mit seiner Prinzessin in das Schloss zurück, um ein glückliches Leben zu führen.
Verglichen mit klassischen Märchen ist „Die drei Musikanten“ eine Geschichte über Mut, List und der Überwindung von Hindernissen durch Klugheit. Das Märchen verwendet klassische Motive, wie das verzauberte Schloss, die schlafende Prinzessin und den schalkhaften Zwerg, um eine Erzählung zu schaffen, die sowohl unterhaltend als auch lehrreich ist. Der Ausgang der Geschichte, in der der Flötenspieler sein Glück findet und die anderen beiden Musiker zurückbleiben, führt zudem zu einer Redewendung, die bis heute benutzt wird, um das Verschwinden von Personen oder Dingen auszudrücken.
Die Erzählung „Die drei Musikanten“ von Ludwig Bechstein ist ein interessantes Märchen, das sich durch seinen reichen symbolischen Gehalt und die klassische Struktur eines Volksmärchens auszeichnet. Eine linguistische Analyse dieses Textes verdeutlicht sowohl die stilistischen Mittel als auch die sprachlichen Merkmale, die zur Erzählkunst des Märchens beitragen.
Stylistische Mittel und Struktur
Wiederholung: Typisch für Märchen ist die Verwendung von Wiederholungen, sowohl in der Handlung als auch in der Sprache. Die drei Musikanten gehen nacheinander in das Schloss, und das Bartmännlein erscheint jedes Mal auf ähnliche Weise. Diese Wiederholungen schaffen Rhythmus und Vorhersehbarkeit, die den Spannungsbogen aufbauen.
Dreiteilung: Wie in vielen Märchen ist der Aufbau in Dreiergruppen organisiert, hier repräsentiert durch die drei Musikanten und die drei Versuche, das Geheimnis des Schlosses zu lösen. Diese Struktur dient nicht nur der Erzähltechnik, sondern symbolisiert oft Vollständigkeit und Perfektion.
Sprache und Erzählweise
Präteritum: Der Erzählstil ist weitgehend im Präteritum gehalten, was typisch für Märchen ist und eine zeitliche Distanz zur Handlung schafft. Dies vermittelt das Gefühl einer alten, überlieferten Geschichte.
Direkte Rede: Der Gebrauch direkter Rede bringt Lebendigkeit und Charakter in die Figuren, insbesondere in den Dialogen zwischen dem Flötenbläser und dem Bartmännlein.
Satzstruktur: Bechstein verwendet eine vielfältige Syntax aus langen, verschachtelten Sätzen, die eine Erzählstimme von hoher literarischer Qualität suggerieren, ebenso wie kurze, prägnante Sätze, die die Handlung vorantreiben.
Symbolik und Themen
Das verzauberte Schloss: symbolisiert das Unbekannte und Geheimnisvolle, das es zu ergründen gilt. Es ist ein Ort voller Reichtum, aber auch Gefahren, wie durch das Bartmännlein repräsentiert.
Der Bart des Männleins: steht für Macht und Kontrolle. Das Ringen um den Bart steht symbolisch für den Kampf um die Kontrolle über das Schicksal.
Erlösung und Verwandlung: Der Flötenbläser löst den Fluch durch Klugheit und Mut, ein typisches Märchenmotiv, das die Überwindung von Hindernissen durch innere Tugenden zeigt.
Erzählabsicht und Moral: Obwohl im Märchen keine explizite Moral am Ende steht, wie in Fabeln oft üblich, vermittelt die Geschichte Werte wie Mut, Cleverness und die Belohnung durch Glück und Liebe. Der Flötenbläser, trotz der Gefahren, wird für seinen Mut belohnt, während seine Kameraden zurückbleiben.
Insgesamt zeichnet sich „Die drei Musikanten“ durch seine reiche symbolische Ebene, die klassische Märchenstruktur und eine kunstvolle sprachliche Gestaltung aus, was es zu einem eindrucksvollen Beispiel für Bechsteins Erzählkunst macht.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 56.8 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 54.1 |
Flesch-Reading-Ease Index | 40.8 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 12 |
Gunning Fog Index | 14.8 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 12 |
Automated Readability Index | 12 |
Zeichen-Anzahl | 7.318 |
Anzahl der Buchstaben | 6.005 |
Anzahl der Sätze | 41 |
Wortanzahl | 1.151 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 28,07 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 299 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 26% |
Silben gesamt | 1.871 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,63 |
Wörter mit drei Silben | 159 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 13.8% |