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Feder und Tintenfaß
Grimm Märchen

Feder und Tintenfaß - Märchen von Hans Christian Andersen

Vorlesezeit für Kinder: 7 min

In der Stube eines Dichters, wo sein Tintenfaß auf dem Tisch stand, wurde gesagt: „Es ist merkwürdig, was doch alles aus dem Tintenfaß herauskommen kann! Was wohl nun das Nächste sein wird? Ja, es ist merkwürdig!“

„Ja, freilich!“ sagte das Tintenfaß. „Es ist merkwürdig, was alles aus mir herauskommen kann! Ja, es ist schier unglaublich! Und ich weiß wirklich selber nicht, was das Nächste sein wird, wenn der Mensch erst beginnt, aus mir zu schöpfen. Ein Tropfen aus mir genügt für eine halbe Seite Papier, und was kann nicht alles auf der stehen! Ich bin etwas ganz Merkwürdiges! Von mir gehen alle Werke des Dichters aus, all diese lebendigen Menschen, die die Leute zu kennen wähnen, diese innigen Gefühle, dieser Humor, diese anmutigen Naturschilderungen.

Ich selber begreife es nicht, denn ich kenne die Natur nicht, aber es steckt nun einmal in mir! Von mir sind sie ausgegangen und gehen sie aus, die Heerscharen schwebender, anmutiger Mädchen, tapferer Ritter auf schnaubenden Rossen, Blinder und Lahmer; ja ich weiß selber nicht, was alles. Ich versichere Ihnen, ich denke nichts dabei!“

„Da haben Sie recht“, sagte die Feder, „denken tun Sie gar nichts, denn wenn Sie es täten, würden Sie auch begreifen, dass Sie nur die Flüssigkeit hergeben. Sie geben das Flüssige, damit ich auf dem Papier das, was mir innewohnt, das, was ich schreibe, zur Anschauung bringen kann. Die Feder ist es, die schreibt! Daran zweifelt kein Mensch, und die meisten Menschen haben nur ebenso viel Ahnung von der Poesie wie ein altes Tintenfaß.“

„Sie haben nur wenig Erfahrung“, antwortete das Tintenfaß; Sie sind ja kaum eine Woche im Dienst – und schon halb abgenutzt. Bilden Sie sich ein, Sie wären der Dichter? Sie sind nur ein Dienstbote, und ehe Sie kamen, habe ich viele von der Art gehabt, sowohl aus der Gänsefamilie wie aus englischem Fabrikat, ich kenne so gut den Federkiel wie die Stahlfeder. Viele habe ich im Dienst gehabt, und ich werde noch viele bekommen, wenn erst der Mensch kommt, der für mich die Bewegung macht und niederschreibt, was er aus meinem Innern herausbekommt.

Ich möchte wohl wissen, was er jetzt zuerst aus mir herausheben wird!“ „Tintentopf!“ sagte die Feder. Spät am Abend kam der Dichter nach Hause, er war in einem Konzert gewesen, hatte einen ausgezeichneten Violinspieler gehört und war ganz erfüllt und entzückt von dessen herrlichem Spiel. Einen erstaunlichen Schwall von Tönen hatte der Spieler dem Instrument entlockt: bald hatte es wie klingende Wassertropfen, wie rollende Perlen getönt, bald wie zwitschernde Vögel im Chor, dann wieder war es dahingebraust wie der Wind durch Tannenwälder.

Er meinte sein eigenes Herz weinen zu hören, aber in Melodien, wie sie in der Stimme einer Frau ertönen können, als hätten nicht allein die Saiten der Violine, sondern auch der Steg, ja selbst die Schrauben und der Resonanzboden geklungen! Es war außerordentlich gewesen! Und schwer war es auch gewesen, hatte aber ausgesehen wie eine Spielerei, als fahre der Bogen nur so über die Saiten hin und her, man hätte glauben können, jeder könne das nachmachen.

Die Violine klang von selbst, der Bogen spielte von selbst, die beiden waren es, die das Ganze taten, man vergaß den Meister, der sie führte, ihnen Leben und Seele einhauchte. Den Meister vergaß man; aber seiner erinnerte sich der Dichter, er nannte ihn und schrieb seine Gedanken dabei nieder: „Wie töricht, wollten die Violine und der Bogen sich eitel über ihr Tun gebärden! Und wir Menschen tun es doch so oft, der Dichter, der Künstler, der Erfinder auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Feldherr, wir tun es alle, wir alle sind doch nur die Instrumente, auf denen Gott, der Herr, spielt. Ihm allein die Ehre! Wir haben nichts, worauf wir stolz sein könnten!“ Ja, das schrieb der Dichter nieder, schrieb es wie eine Parabel und nannte dieselbe: „Der Meister und die Instrumente.“

„Da kriegen Sie was ab, Madame“, sprach die Feder zum Tintenfaß, als die beiden wieder allein waren. „Sie hörten ihn doch laut vorlesen, was ich niedergeschrieben hatte?“ – „Ja, das, was ich Ihnen zu schreiben gab!“ sagte das Tintenfaß. „Das war ja ein Hieb für Sie, Ihres Übermuts wegen. Daß Sie nicht einmal begreifen können, dass man Sie zum besten hat! Ich versetzte Ihnen einen Hieb direkt aus meinem Innersten heraus, ich muss doch meine eigene Bosheit kennen.“

„Tintenscherbe!“ sagte die Feder. „Schreibstecken!“ sagte das Tintenfaß. Und beide hatten das Bewußtsein, gut geantwortet zu haben, und das ist ein angenehmes Bewußtsein, zu wissen, dass man gut geantwortet hat, darauf kann man schlafen, und sie schliefen darauf. Allein der Dichter schlief nicht. Gedanken sprudelten aus ihm hervor gleich den Tönen aus der Violine, rollend wie Perlen, brausend wie der Sturmwind durch die Wälder, er empfand sein eigenes Herz in diesen Gedanken, verspürte einen Blitzstrahl vom ewigen Meister. Ihm allein die Ehre!

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Hintergründe zum Märchen „Feder und Tintenfaß“

„Feder und Tintenfaß“ ist ein weniger bekanntes Märchen des berühmten dänischen Autors Hans Christian Andersen, der für seine beliebten Märchen wie „Die kleine Meerjungfrau“, „Das hässliche Entlein“ und „Die Schneekönigin“ bekannt ist. Das Märchen wurde erstmals 1861 veröffentlicht.

Andersens Geschichten zeichnen sich oft durch tiefe moralische Botschaften und allegorische Elemente aus. Sie enthalten meist Themen wie das Gute gegen das Böse, die Bedeutung von Liebe, die Kraft der Vorstellungskraft, die Grausamkeit der menschlichen Natur und die Suche nach der eigenen Identität. „Feder und Tintenfaß“ spiegelt einige dieser Elemente wider, insbesondere in Bezug auf Demut, Zusammenarbeit und die Suche nach wahrer Inspiration.

Hans Christian Andersen, der von 1805 bis 1875 lebte, schrieb seine Märchen in einer Zeit des kulturellen und wissenschaftlichen Wandels. Das 19. Jahrhundert war geprägt von Fortschritten in der Literatur, Wissenschaft und Technologie, aber auch von einer stärkeren Betonung der Rolle der Religion und Spiritualität im Leben der Menschen. In dieser Zeit entstanden auch zahlreiche literarische Strömungen wie Romantik und Realismus, die Einfluss auf die Werke von Autoren wie Andersen hatten.

„Feder und Tintenfaß“ ist ein Beispiel für Andersens Fähigkeit, tiefgründige philosophische Gedanken und moralische Botschaften in einer scheinbar einfachen Geschichte zu vermitteln. Die Interaktion zwischen Feder und Tintenfaß ist eine Allegorie für menschliche Eitelkeit und Selbstüberschätzung, und die Parabel des Dichters lehrt uns Demut und die Anerkennung der wahren Quelle von Schöpfung und Inspiration.

Interpretationen zum Märchen „Feder und Tintenfaß“

Das Märchen „Feder und Tintenfaß“ von Hans Christian Andersen kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Hier sind drei mögliche Interpretationen:

Demut und Bedeutungslosigkeit: Das Märchen kann als eine Mahnung verstanden werden, demütig zu sein und sich nicht selbst zu überschätzen. Sowohl die Feder als auch das Tintenfaß glauben, sie seien die wichtigsten Bestandteile des kreativen Schaffensprozesses des Dichters. Die Parabel des Dichters stellt jedoch klar, dass Menschen, einschließlich Künstler und Gelehrte, nur Werkzeuge in Gottes Hand sind. Die Botschaft könnte also lauten, dass wir uns unserer eigenen Bedeutungslosigkeit bewusst sein sollten und die wahre Quelle von Schöpfung und Inspiration anerkennen müssen.

Zusammenarbeit und Teamarbeit: Eine weitere Interpretation könnte sich auf die Bedeutung der Zusammenarbeit und Teamarbeit konzentrieren. In der Geschichte sind sowohl die Feder als auch das Tintenfaß notwendig, um die Gedanken des Dichters auf Papier zu bringen. Obwohl sie streiten, wer wichtiger ist, zeigt die Geschichte, dass sie beide zusammenarbeiten müssen, um das Endergebnis zu erreichen. Dies kann als eine Erinnerung dienen, dass es oft die Zusammenarbeit verschiedener Teile ist, die zu einem erfolgreichen Ergebnis führt. Die Geschichte zeigt auch, wie verschiedene Elemente – der Dichter, die Feder und das Tintenfass – zusammenarbeiten müssen, um ein Kunstwerk zu schaffen. Keines dieser Elemente kann allein etwas erreichen. Sie sind aufeinander angewiesen, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Dies kann als Metapher für die Zusammenarbeit und gegenseitige Abhängigkeit in vielen Lebensbereichen verstanden werden.

Die Illusion der Kontrolle: Schließlich kann das Märchen auch als eine Reflexion über die Illusion der Kontrolle und die Suche nach der wahren Inspiration interpretiert werden. Sowohl die Feder als auch das Tintenfaß glauben, sie hätten die Macht und die Kontrolle über die Kreativität des Dichters. Die Parabel des Dichters jedoch zeigt, dass die wahre Inspiration und Kontrolle von einer höheren Macht kommt – in diesem Fall Gott. Dies kann uns daran erinnern, dass wir, selbst wenn wir glauben, die Kontrolle über unsere kreativen Prozesse zu haben, letzten Endes von einer tieferen Quelle der Inspiration abhängig sind und diese anerkennen sollten.

Die Rolle des Künstlers: Die Geschichte untersucht die Rolle des Künstlers und des Schöpfers, indem sie den Dichter als jemanden darstellt, der von einer höheren Macht inspiriert ist. Er erkennt an, dass er nur ein Instrument des Göttlichen ist und dass seine Talente und Fähigkeiten nicht auf ihn allein zurückzuführen sind.

Die Unberechenbarkeit der Kunst: Die Geschichte betont die Unberechenbarkeit und das Geheimnis der künstlerischen Schöpfung. Das Tintenfass gibt zu, dass es nicht weiß, was als Nächstes aus ihm herauskommen wird, und der Dichter ist sich dessen ebenfalls bewusst. Dies zeigt, dass Kunst oft spontan und unvorhersehbar ist und nicht immer leicht kontrolliert oder verstanden werden kann.

Insgesamt ist diese Geschichte eine Reflexion über Demut, Eitelkeit, Zusammenarbeit und die Rolle des Künstlers in der Schöpfung. Sie zeigt, dass der kreative Prozess oft rätselhaft ist und dass diejenigen, die daran beteiligt sind, auf einer höheren Ebene miteinander verbunden sind.

Zusammenfassung der Handlung

In dem Märchen „Feder und Tintenfaß“ von Hans Christian Andersen geht es um eine Auseinandersetzung zwischen einer Feder und einem Tintenfaß, die beide in der Stube eines Dichters stehen. Das Tintenfaß glaubt, dass alles, was der Dichter schreibt, aus ihm herauskommt und ist stolz auf seine Rolle. Die Feder widerspricht und meint, dass sie diejenige ist, die die Gedanken des Dichters auf das Papier bringt.

Die beiden streiten sich, wer wichtiger und bedeutender ist. Eines Abends kommt der Dichter nach Hause, nachdem er einem beeindruckenden Violinkonzert beigewohnt hat. Er ist tief bewegt von der Musik und den Gedanken, die sie in ihm auslöst. Er schreibt darüber und formuliert eine Parabel über den Meister und die Instrumente, in der er festhält, dass die Menschen, egal ob Dichter, Künstler oder Wissenschaftler, letztendlich nur Instrumente in Gottes Hand sind und Ihm alle Ehre gebührt.

Als der Dichter die Parabel laut vorliest, fühlt sich die Feder bestätigt, während das Tintenfaß glaubt, der Dichter habe der Feder einen Denkzettel verpassen wollen. Beide glauben, gut geantwortet zu haben, und schlafen zufrieden ein. Der Dichter jedoch bleibt wach und wird von tiefen Gedanken und Inspirationen erfüllt, die ihm zeigen, dass die wahre Ehre allein Gott gebührt.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
ÜbersetzungenDE, EN, ES, FR, IT
Lesbarkeitsindex nach Amstad72.6
Lesbarkeitsindex nach Björnsson36.2
Flesch-Reading-Ease Index58.2
Flesch–Kincaid Grade-Level9
Gunning Fog Index9.2
Coleman–Liau Index12
SMOG Index11.5
Automated Readability Index9.6
Zeichen-Anzahl4.934
Anzahl der Buchstaben3.915
Anzahl der Sätze51
Wortanzahl793
Durchschnittliche Wörter pro Satz15,55
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben164
Prozentualer Anteil von langen Wörtern20.7%
Silben gesamt1.245
Durchschnittliche Silben pro Wort1,57
Wörter mit drei Silben105
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben13.2%
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