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Der undankbare Sohn
Grimm Märchen

Der undankbare Sohn - Märchen von Ludwig Bechstein

Vorlesezeit für Kinder: 8 min

Eine alte Mutter hatte einen Sohn, der wollte heiraten und bat die Mutter, sie möge ihm doch ihr Häuschen und ihr Gütchen geben, er und ihre zukünftige Schwiegertochter wollten es auch gar gut mit ihr meinen, sie bei sich hegen und pflegen und sie sozusagen auf den Händen tragen. Die alte Mutter war vom Herzen gut und vom Hirn etwas einfältig; sie kannte das Sprichwort nicht: Ziehe dich nicht eher aus, bis du dich schlafen legst, und gab her, was sie hatte. Zum Danke wurde sie sehr übel gehalten, war über nichts mehr Herrin, und jeder Bissen Brot wurde ihr erst schmal genug vorgeschnitten, dann vorgerechnet und jeder Tropfen Trankes ihr vergällt; aber Sohn und Schwiegertochter ließen sich’s ganz gütlich und wohl sein.

Einst speisten letztere beiden miteinander und mit Knecht und Magd ein gebratenes Truthuhn, ohne die Mutter dazu einzuladen; zufällig kam diese aber dennoch, musste jedoch anklopfen, denn die Türe war zugeschlossen. »Holla, die Alte kommt, fort mit dem Huhn! Setze es derweil in die Ofenröhre und mache deren Türe zu!« gebot der Sohn dem Knechte, und dieser vollzog alsbald den erhaltenen Befehl. Jetzt wurde die Stubentüre aufgerissen von dem Sohne und die arme Alte angefahren: »Nun, was soll es denn? Hat der alte Drache etwa schon wieder Hunger? Ei, so wollt ich doch! Da, nehmt, hier ist Brot, und nun trollt Euch von hinnen!«

Weinend wankte mit dem trockenen Stückchen Brot die alte Mutter aus der Stube; der böse Sohn warf hinter ihr die Türe in das Schloss, dass es krachte, und eiferte: »Keinen Bissen kann man doch in Ruhe und ohne Ärger genießen! Ich möchte nur wissen, ob die Alte ewig leben will.«

»Bringe das Huhn wieder her!« gebot die Sohnesfrau dem Knechte – dieser öffnete die Ofentüre und sprang mit einem lauten Schrei des Schreckens drei Schritte vom Ofen zurück und verfärbte sich.

»Nun, was hat denn der tölpelhafte Narr? Er ist wohl verrückt!« rief der Mann und gebot der Magd, das Huhn aus der Röhre zu holen. Diese ging und griff in die Röhre und kreischte alsbald vor Entsetzen auf, indem auch sie zurücksprang. »Was soll das heißen, ihr dummes Volk?« schalt der Herr. »Und wenn der lebendige Teufel drinnen saß, so würde ich nicht solchen Lärm aufschlagen! Geh du hin, Frau.«

»Ich?« fragte die Frau, »nicht um die Welt, ich tu’s nicht – ich danke; ich bin satt.«

»Ei, so muss ich selbst nachsehen und will es, und wenn der Donner drinnen säße!« rief der Mann, stieg auf und ging an die Röhre. Hu! da schoss eine armdicke und klafterlange Schlange heraus, schnellte gegen ihn und ringelte sich um seinen Hals, eiskalt, und als er sie abzuwenden strebte, riss sie ihren Rachen gräulich auf und zeigte ihre Giftzähne und ihre Gabelzunge, und weder er noch sonst jemand anders durfte sie berühren, und wenn man Miene machte, sie von weitem zu beschädigen, so zog sie sich gleich fester um den Hals, dass der Mann zu ersticken Gefahr lief und ängstlich schrie, man solle die Schlange unberührt und ungeschädigt lassen.

Und die Schlange wich nicht von ihn; sie um seinen Hals legte er sich schlafen, sie um seinen Hals stieg er wieder auf. Ehe er einen Becher Getränk zum Munde führte, trank erst die Schlange aus demselben Becher, jeden Bissen, den er aß, beleckte sie oder biss Stücken davon ab, ach, und dabei roch sie, so wie sie nur den Rachen aufriss, fürchterlich aus dem Halse, dass dem Mann eine Ohnmacht um die andere anstieß, und niemand es in seiner Nähe aushalten konnte. Wer zuerst von ihm weglief, das war seine Frau, die doch die meiste Schuld daran trug, dass er die Schlange des Undanks gegen seine betagte Mutter in seinem Herzen getragen, die schlimmer und scheußlicher ist als jener Wurm, den er jetzt am Halse tragen musste, zur quälenden Strafe.

Knecht und Magd liefen auch davon; Hund und Katze wanderten aus; der Vogel im Käfig krepierte; Motten und Mücken starben, die Spinnen machten sich hinweg, die Mäuse entflohen so schnell sie nur konnten; die Wanzen zogen in langen Zügen langsam an den Türpfosten nieder und schlüpften zwischen Türe und Angel hinaus – nicht das armseligste Läuschen bewies dem Undankbaren, von Gottes Strafgericht hart Heimgesuchten noch freudige Anhänglichkeit und Treue – alles, was lebte, floh ihn. Nur ein Wesen, welches lebte, floh ihn nicht, hielt treu bei ihm aus, und das war seine arme alte Mutter – sie pflegte sein, sie betete zu Gott um Erlösung für ihren undankbaren Sohn, und da diese nicht erfolgte, so griff sie endlich furchtlos mit ihrer zitternden Hand und doch kräftig die drohende, zischende, Zähne zeigende, Gift hauchende Schlange an, und in dem Augenblicke, wie die alte Mutter das tat, fiel die Schlange ab vom Halse des Sohnes und – verschwand.

Der Sohn aber stürzte nieder zu den Füßen seiner Mutter und küsste ihr die Füße und ihres Kleides Saum und weinte heiße Reuetränen auf die treuen Mutterhände und begann fortan ein neues Leben voll Demut gegen sie, voll Sorgfalt, voll Liebe, voll Gehorsam, voll Zuvorkommenheit, und sie lebte noch lange glücklich mit dem durch ihre starke Mutterliebe ihr und sich selbst geretteten Sohne bis in das höchste Greisenalter.

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Hintergründe

Interpretationen

Analyse

„Der undankbare Sohn“ von Ludwig Bechstein ist ein Märchen, das die Themen Undankbarkeit, Reue und Erlösung behandelt. Im Zentrum der Erzählung steht eine alte Mutter, die von ihrem Sohn und dessen Frau schlecht behandelt wird, nachdem sie ihnen ihren Besitz übergeben hat. Sie wird vernachlässigt und respektlos behandelt, während der Sohn und die Schwiegertochter ihren eigenen Genuss in den Vordergrund stellen.

Das Märchen eskaliert, als die Schwiegertochter und der Sohn ein Truthahn-Essen ohne die Mutter genießen wollen und die Mutter dabei überraschen. Der Sohn versteckt den Truthahn im Ofen, doch als er ihn zurückholen will, verwandelt sich dieser in eine Schlangenkreatur. Diese Schlange, ein Symbol für den Undank und die Schlechtigkeit des Sohnes, windet sich um seinen Hals und quält ihn. Niemand kann ihm helfen, und alle Lebewesen verlassen ihn, außer seiner Mutter.

Trotz der schlechten Behandlung zeigt die Mutter bedingungslose Liebe und ist die Einzige, die schließlich den Mut findet, die Schlange zu berühren, woraufhin sie verschwindet. Ihr mutiger Akt der Liebe und Vergebung führt zur Erlösung des Sohnes, der daraufhin Reue zeigt und ein neues, besseres Leben beginnt.

Dieses Märchen verwendet das übernatürliche Element einer verwandelten Schlange, um moralische Lehren über die Folgen von Undankbarkeit und die Kraft der Vergebung und mütterlichen Liebe zu vermitteln. Bechstein zeigt, dass wahre Reue und eine Umkehr zum Guten möglich sind, während zugleich die immense moralische Stärke und Kraft der Vergebung der Mutter hervorgehoben wird.

„Der undankbare Sohn“ von Ludwig Bechstein ist ein Märchen, das zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten bietet. Hier sind einige unterschiedliche Ansätze, wie man die Geschichte deuten könnte:

Moralische Lehre über Undankbarkeit: Im Mittelpunkt des Märchens steht die Undankbarkeit des Sohnes gegenüber seiner Mutter. Die Erzählung verdeutlicht, dass Undankbarkeit schwere Folgen haben kann und dass letztlich ein Akt der Nächstenliebe Befreiung bringt. Die Schlange symbolisiert die Strafe für den Undank und die Entfremdung, die daraus entsteht.

Symbolik und Metaphern: Die Schlange kann als Metapher für das schlechte Gewissen oder die Last der Schuld betrachtet werden, die der Sohn wegen seines Verhaltens gegenüber seiner Mutter mit sich trägt. Die beklemmende körperliche Präsenz der Schlange symbolisiert die erdrückende Natur solcher moralischen Bürden.

Die Rolle der Mutterliebe: Die Geschichte betont die aufopfernde Natur der Mutterliebe. Trotz der schlechten Behandlung durch ihren Sohn bleibt die Mutter bei ihm und spielt eine entscheidende Rolle bei seiner Erlösung. Dies zeigt, dass echte Liebe und Vergebung transformative Kräfte besitzen.

Gesellschaftliche Kritik: Das Märchen könnte als Kritik an sozialen und familiären Strukturen gelesen werden, in denen ältere Generationen ausgenutzt und schlecht behandelt werden. Es erinnert an die Wichtigkeit von Respekt und Fürsorge innerhalb der Familie.

Erzählweise und Tradition: Bechstein nutzt traditionelle Elemente der Märchenerzählung, um moralische und lehrreiche Inhalte zu vermitteln. Die drastische Wandlung der Situation und die eindringliche Strafe durch die Schlange sind typische Motive, die die konzentrierte Botschaft des Märchens unterstützen.

Theologischer Kontext: Die Erlösung des Sohnes könnte auch religiös interpretiert werden. Die Mutter, die für den Sohn betet und schließlich die Schlange entfernt, kann als ein Symbol für göttliche Gnade und Vergebung betrachtet werden.

Dieses Märchen bietet viele Schichten von Bedeutungen, die sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene betrachtet werden können. Seine zeitlosen Themen machen es relevant für Diskussionen über die menschliche Natur, moralische Werte und zwischenmenschliche Beziehungen.

Die linguistische Analyse des Märchens „Der undankbare Sohn“ von Ludwig Bechstein bietet interessante Einblicke in die sprachlichen und stilistischen Merkmale dieses Textes.
Altertümliche Sprache: Bechsteins Märchen sind im 19. Jahrhundert geschrieben und enthalten daher eine altertümliche deutsche Sprache, die sich in spezifischen Wortformen, Satzstrukturen und Ausdrücken äußert. Wörter wie „Gütchen“ (kleiner Besitz) und Ausdrücke wie „trollt Euch von hinnen“ sind Beispiele dafür.
Direkte Rede: Die Verwendung von direkter Rede verleiht dem Märchen Dynamik und bringt die Charaktere näher an den Leser heran. Phrasen wie „Holla, die Alte kommt“ zeigen die Umgangssprache der Zeit und den respektlosen Umgangston des Sohnes.

Märchenhafte Elemente

Moralische Lehre: Das Märchen enthält eine klare moralische Botschaft über Dankbarkeit und Respekt gegenüber den Eltern. Die Strafe des Sohnes durch die Schlange symbolisiert die Konsequenzen von Undankbarkeit.
Personifikation und Symbolik: Die Schlange wird als Symbol für Undankbarkeit und Schuld eingesetzt. Sie ist lebendig und reagiert auf die Handlungen der Charaktere, was dem Märchen eine mythische und moralische Dimension verleiht.

Charakterisierung

Die alte Mutter: Sie wird als gutherzig, aber einfältig beschrieben. Ihre unbedingte Liebe und Vergebung gegenüber ihrem Sohn sind zentrale Themen des Märchens.
Der undankbare Sohn: Anfangs arrogant und respektlos, erfährt er durch das übernatürliche Ereignis eine Läuterung, die ihn zur Reue bringt.

Struktur und Erzähltechnik

Kontrast: Die Erzählung nutzt Kontrast zwischen der anfänglichen Härte des Sohnes und der letztendlichen Reue, unterstützt durch die drastische Metamorphose durch die Schlangenmetapher.
Erzählperspektive: Der allwissende Erzähler bietet Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Charaktere, insbesondere des Sohnes, was eine tiefere empathische Verbindung zum Leser ermöglicht.

Sozialkritische Elemente

Kritik an gesellschaftlichen Normen: Das Märchen kann als Kritik an der mangelnden Wertschätzung älterer Generationen gesehen werden, was im sozialen Kontext der Epoche von Bedeutung ist.

Diese Analyse zeigt, wie Bechstein linguistische Mittel nutzt, um die moralische Botschaft seines Märchens zu vermitteln und gleichzeitig ein lebendiges und fesselndes Erzählwerk zu schaffen.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
Lesbarkeitsindex nach Amstad80.3
Lesbarkeitsindex nach Björnsson29.3
Flesch-Reading-Ease Index68.7
Flesch–Kincaid Grade-Level7.1
Gunning Fog Index8
Coleman–Liau Index11.3
SMOG Index9
Automated Readability Index7.2
Zeichen-Anzahl1.697
Anzahl der Buchstaben1.343
Anzahl der Sätze21
Wortanzahl292
Durchschnittliche Wörter pro Satz13,90
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben45
Prozentualer Anteil von langen Wörtern15.4%
Silben gesamt428
Durchschnittliche Silben pro Wort1,47
Wörter mit drei Silben21
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben7.2%
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