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Die drei Diebe
Grimm Märchen

Die drei Diebe - Märchen von Johann Peter Hebel

Vorlesezeit für Kinder: 9 min

Der Zundel-Heiner und der Zundel-Frieder trieben von Jungend auf das Handwerk ihres Vaters, der bereits am Auerbacher Galgen mit des Seilers Tochter kopüliert war, nämlich mit dem Strick; und ein Schulkamerad, der rote Dieter, hielt’s auch mit, und war der Jüngste. Doch mordeten sie nicht, und griffen keine Menschen an, sondern visitierten nur bei Nacht in den Hühnerställen, und wenn’s Gelegenheit gab, in den Küchen, Kellern und Speichern, allenfalls auch in den Geldtrögen, und auf den Märkten kauften sie immer am wohlfeilsten ein. Wenn’s aber nichts zu stehlen gab, so übten sie sich untereinander mit allerlei Aufgaben und Wagstücken, um im Handwerk weiter zu kommen. Einmal im Wald sieht der Heiner auf einem hohen Baum einen Vogel auf dem Neste sitzen, denkt, er hat Eier, und fragt die anderen: »Wer ist imstand und holt dem Vogel dort oben die Eier aus dem Nest, ohne dass es der Vogel merkt?« Der Frieder, wie eine Katze, klettert hinauf, naht sich dem Nest, bohrt langsam ein Löchlein unten drein, lässt ein Eilein nach dem anderen in die Hand fallen, flickt das Nest wieder zu mit Moos und bringt die Eier.

»Aber wer dem Vogel die Eier wieder unterlegen kann«, sagte jetzt der Frieder, »ohne dass es der Vogel merkt!« Da klettert der Heiner den Baum hinan, aber der Frieder klettert ihm nach, und während der Heiner dem Vogel langsam die Eier unterschob, ohne dass es der Vogel merkte, zog der Frieder dem Heiner langsam die Hosen ab, ohne dass es der Heiner merkte. Da gab es ein groß Gelächter, und die beiden anderen sagten: »Der Frieder ist der Meister.« Der rote Dieter aber sagte: »Ich sehe schon, mit euch kann ich’s nicht zugleich tun, und wenn’s einmal zu bösen Häusern geht und der Letze kommt über uns, so ist’s mir nimmer Angst für euch, aber für mich.« Also ging er fort, wurde wieder ehrlich und lebte mit seiner Frau arbeitsam und häuslich. Im Spätjahr, als die zwei anderen noch nicht lang auf dem Rossmarkt ein Rösslein gestohlen hatten, besuchten sie einmal den Dieter und fragten ihn, wie es ihm gehe; denn sie hatten gehört, dass er ein Schwein geschlachtet und wollten ein wenig Acht geben, wo es liegt. Es hing in der Kammer an der Wand. Als sie fort waren, sagte der Dieter: »Frau, ich will des Säulein in die Küche tragen und die Mulde drauf decken, sonst ist es morgen nimmer unser.« In der Nacht kommen die Diebe, brechen, so leise sie können, die Mauer durch, aber die Beute war nicht mehr da. Der Dieter merkt etwas, steht auf, und geht um das Haus und sieht nach. Unterdessen schleicht der Heiner um das andere Eck herum ins Haus bis zum Bett, wo die Frau lag, nimmt ihres Mannes Stimme an und sagt: »Frau, die Sau ist nimmer in der Kammer.« Die Frau sagt: »Schwätz nicht so einfältig: Hast du sie nicht selber in die Küche unter die Mulde getragen?«

»Ja so«, sagte der Heiner, »drum bin ich halber im Schlaf« und ging, holte das Schwein und trug es unbeschrieen fort, wusste in der finsteren Nacht nicht, wo der Bruder ist, dachte, er wird schon kommen an den bestellten Platz im Wald. Und als der Dieter wieder ins Haus kam und nach dem Säulein greifen will, »Frau«, rief er, »Jetzt haben’s die Galgenstricke doch geholt.« Allein, so geschwind gab er nicht gewonnen, sondern setzte den Dieben nach, und als er den Heiner einholte (es war schon weit vom Hause weg), und als er merkte, dass er allein sei, nahm der schnell die Stimme des Frieders an und sagte: »Bruder, lass jetzt mich das Säulein tragen. Du wirst müde sein.« Der Heiner meint, es sei der Bruder, und gibt ihm das Schwein, sagt, er wolle vorausgehen in den Wald und ein Feuer machen. Der Dieter aber kehrte hinter ihm um, sagte für sich selber: »Hab‘ ich dich wieder, du liebes Säulein?« und trug es heim. Unterdessen irrte, der Frieder in der Nacht herum, bis er im Wald das Feuer sah, und kam und fragte den Bruder: »Hast du die Sau, Heiner?« Der Heiner sagte: »Hast du sie denn nicht, Frieder?« Da schauten sie einander mit großen Augen an und hätten kein so prasselndes Feuer mit buchenen Spänen gebraucht zum Nachtkochen. Aber desto schöner prasselte jetzt das Feuer daheim in Dieters Küche. Denn das Schwein wurde sogleich nach der Heimkunft verhauen und Kesselfleisch über das Feuer getan. Denn der Dieter sagte: »Frau, ich bin hungrig, und was wir nicht beizeiten essen, holen die Schelme doch.«

Als er sich aber in einen Winkel legte und ein wenig schlummerte, und die Frau kehrte mit der eisernen Gabel das Fleisch herum und schaute einmal nach der Seite, weil der Mann im Schlaf so ängstlich seufzte, kam eine zugespitzte Stange langsam durch den Kamin herab, spießte das beste Stück im Kessel an und zog es herauf; und als der Mann im Schlaf immer ängstlicher winselte, und die Frau immer emsiger nach ihm sah, kam die Stange zum zweitenmal und zum drittenmal; und als die Frau den Dieter weckte: »Mann, jetzt wollen wir anrichten«, da war der Kessel leer, und wäre ebenfalls kein so großes Feuer nötig gewesen zum Nachtkochen. Als sie aber beide schon im Begriff waren, hungrig ins Bett zu gehen, und dachten: Will der Henker das Säulein holen, so können wir’s ja doch nicht heben, da kamen die Diebe vom Dach herab, durch das Loch der Mauer in die Kammer und aus der Kammer in die Stube und brachten wieder, was sie gemaust hatten. Jetzt ging ein fröhliches Leben an. Man aß und trank, man scherzte und lachte, als ob man gemerkt hätte, es sei das letzte Mal, und war guter Dinge, bis der Mond im letzten Viertel über das Häuslein wegging und zum zweitenmal im Dorf die Hähne krähten und von weitem der Hund des Metzgers bellte. Denn die Strickreiter waren auf der Spur, und als die Frau des roten Dieters sagte: »jetzt ist’s einmal Zeit ins Bett«, kamen die Strickreiter von wegen des gestohlenen Rössleins und holten den Zundel-Heiner und den Zundel-Frieder in den Turm und in das Zuchthaus.

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Hintergründe

Interpretationen

Analyse

„Die drei Diebe“ von Johann Peter Hebel ist eine humorvolle Erzählung, die sich um drei Ganoven dreht: Zundel-Heiner, Zundel-Frieder und den roten Dieter. Die Geschichte ist ein Beispiel für Hebels typischen Stil, der ernste Themen mit Witz und einer Prise Satire verbindet.

Die Erzählung beginnt mit der Einführung der drei Diebe, die schon seit ihrer Jugend im kriminellen Milieu aktiv sind, dies aber ohne Gewaltanwendung gegenüber Menschen tun. Ihre Tätigkeiten beschränken sich auf nächtliche Besuche in Hühnerställen und Märkten. Während zwei der Diebe, Heiner und Frieder, weiterhin in ihrem kriminellen Treiben verharren, entscheidet sich Dieter, das Gaunerdasein hinter sich zu lassen, und beginnt ein ehrliches Leben mit seiner Frau.

Ein humorvolles und geschicktes Element der Geschichte zeigt sich, als die Diebe zur Probe ihrer Fähigkeiten versuchen, ein Ei aus einem Nest zu stehlen und es erneut zurückzulegen, ohne dass der Vogel etwas bemerkt. Dabei trickst Frieder seine Komplizen aus, indem er Heiner die Hose auszieht, ohne dass dieser es bemerkt.

Im weiteren Handlungsverlauf erhält der rote Dieter Besuch von Heiner und Frieder, die erfahren, dass Dieter ein Schwein geschlachtet hat. Sie versuchen, dieses in der Nacht zu stehlen. Dieter bemerkt den Diebstahl und holt sich sein Eigentum zurück durch eine List, indem er Heiner glauben lässt, er sei Frieder. Schließlich enden Heiner und Frieder im Zuchthaus, während Dieter und seine Frau den Wohlklang eines friedvollen Lebens genießen, trotz der vorangegangenen Diebstähle.

Hebels Erzählung spielt mit menschlicher List und Dummheit und illustriert durch die kauzig-satirische Darstellung der Diebe auf unterhaltsame Weise moralische Einsichten. Die Geschichte bleibt eine unterhaltsame, wenn auch lehrreiche Anekdote über das Leben kleinerer Gauner im Kontrast zu einem bescheidenen, ehrlichen Dasein.

„Die drei Diebe“ von Johann Peter Hebel ist ein interessantes Märchen, das sich durch seinen humorvollen und schelmischen Ton auszeichnet, während es zugleich tiefere moralische und gesellschaftliche Themen berührt. Hier sind einige unterschiedliche Interpretationen des Märchens:

Die Kunst des Diebstahls und hintergründige Moral: Die Geschichte beschreibt die Hauptfiguren als geschickte Diebe, die aber nie Gewalt anwenden. Sie zeigen vielmehr eine Art von „Handwerksstolz“ in ihrer Geschicklichkeit. Diese Darstellung kann als Kritik an einer Gesellschaft interpretiert werden, die den Status und die Fähigkeiten eines Einzelnen an seiner beruflichen Kompetenz misst, unabhängig von der Moralität des Berufs.

Das Thema der Reue und Erlösung: Der rote Dieter steht für die Möglichkeit der Reue und der Veränderung. Er verlässt seine kriminellen Freunde, um ein ehrliches und häusliches Leben zu führen. Dies kann als Hinweis auf das Potenzial jedes Menschen für Wandel und moralische Besserung gesehen werden. Durch seine Entscheidung zeigt Dieter, dass der Ausstieg aus einem moralisch fragwürdigen Leben möglich ist, was als ermutigende Botschaft gesehen werden kann.

Ironie des Schicksals und Gerechtigkeit: Trotz ihres oftmals erfolgreichen und cleveren Vorgehens scheitern die verbleibenden beiden Diebe am Ende, was auf die unausweichliche Gerechtigkeit des Schicksals hinweist. Ihre Festnahme symbolisiert, dass unrechtmäßige Taten schließlich Konsequenzen haben, ganz gleich, wie geschickt sie durchgeführt werden.

Rolle der Frau: Die Frau des roten Dieters zeigt eine gewisse Passivität, aber auch Praktikabilität. Sie spielt eine unterstützende Rolle und zeigt Pragmatismus, indem sie versucht, den Verlust der Schweinehälfte mit einem späten Nachtessen zu kompensieren. Ihre Rolle reflektiert möglicherweise die gesellschaftliche Stellung der Frau zu Hebels Zeiten: im Hintergrund, aber dennoch entscheidend für das familiäre Wohl.

Humor und Gesellschaftssatire: Der märchenhafte Humor, insbesondere im Kontext der Streiche und Missgeschicke, entfaltet eine leise Satire auf die damalige Gesellschaft. Die Geschichte macht sich über die Unfähigkeit der Protagonisten lustig, ihre eigenen Standards zu übertreffen, und zeigt, wie ihre amüsanten Pannen letztendlich zu ihrer Festnahme führen.

Im Ganzen kann „Die drei Diebe“ als eine humorvolle, aber tiefgründige Erzählung gesehen werden, die menschliche Schwächen und gesellschaftliche Normen beleuchtet und hinterfragt.

Johann Peter Hebels „Die drei Diebe“ ist eine amüsante und lehrreiche Erzählung, die in der typischen Manier von Hebel alltägliche Weisheiten und moralische Lektionen mit Humor und Geschick verbindet. Die Geschichte um die zwei Diebe, Zundel-Heiner und Zundel-Frieder, sowie deren ehemaligen Komplizen, den roten Dieter, berührt verschiedene Themen wie listiges Verhalten, Ehrlichkeit und die Konsequenzen von kriminellen Handlungen.

Dialektale und regionale Färbung:
Die Sprache des Textes ist geprägt von einer regionalen, alemannischen Färbung, was typisch für Hebel, der aus dem südwestdeutschen Raum stammt, ist. Begriffe wie „Säulein“ für Schwein und „Rösslein“ für Pferd verleihen dem Text einen unverwechselbaren regionalen Charakter.

Erzählerische Struktur:
Der Text ist im Stil eines Schwanks oder einer Moralerzählung aufgebaut, die oft mit einem ironischen oder überraschenden Ende aufwarten. Der Erzähler nutzt eine unverblümte, direkte Sprache, die zur Unterhaltung beiträgt und die kuriosen Ereignisse pointiert beschreibt.

Charakterisierung durch Dialog:
Dialoge spielen eine zentrale Rolle bei der Charakterisierung der Figuren. Die Interaktionen der Diebe untereinander und mit dem Umfeld lassen Schlüsse über ihre Beziehungen, ihre Cleverness und ihre letztliche Unfähigkeit, ihrer kriminellen Neigung zu entkommen, zu.

Moralische Elemente

Die Geschichte bettet eine klare Moral ein: Trotz der Diebeskunst und Cleverness der Protagonisten, triumphiert letztlich das Streben nach Ehrlichkeit und das Leben als rechtschaffener Bürger (verkörpert durch den roten Dieter). Zudem wird die Vergänglichkeit von Gaunerglück thematisiert, was in der Verhaftung der Diebe kulminiert.

Humoristische Elemente:
Hebel nutzt humorvolle Szenen, etwa der Moment, in dem der Frieder dem Heiner die Hosen auszieht, um die List und den Schalk der Figuren hervorzuheben. Diese Elemente verleihen dem Text Leichtigkeit und erheitern den Leser, trotz der eigentlich ernsten Thematik von Diebstahl und Betrug.

Fazit:

„Die drei Diebe“ vereint geschickt ein moralisches Lehrstück mit amüsantem Erzählen. Die Erzählkunst von Johann Peter Hebel zeigt sich in der Fähigkeit, eine simple Handlung durch Sprachwitz und tiefere Botschaften zu einem unterhaltsamen und doch lehrreichen Text zu gestalten. Der Gebrauch regionaler Sprachelemente verleiht der Geschichte Authentizität und Charme.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
Lesbarkeitsindex nach Amstad76.8
Lesbarkeitsindex nach Björnsson34.6
Flesch-Reading-Ease Index65
Flesch–Kincaid Grade-Level8.4
Gunning Fog Index8.6
Coleman–Liau Index11.5
SMOG Index9.9
Automated Readability Index8.9
Zeichen-Anzahl1.794
Anzahl der Buchstaben1.424
Anzahl der Sätze18
Wortanzahl307
Durchschnittliche Wörter pro Satz17,06
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben54
Prozentualer Anteil von langen Wörtern17.6%
Silben gesamt452
Durchschnittliche Silben pro Wort1,47
Wörter mit drei Silben24
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben7.8%
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