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Die große Seeschlange
Grimm Märchen

Die große Seeschlange - Märchen von Hans Christian Andersen

Vorlesezeit für Kinder: 25 min

Es war einmal ein kleiner Seefisch aus guter Familie, des Namens entsinne ich mich nicht mehr, den müssen die Gelehrten dir sagten. Der kleine Fisch hatte achtzehnhundert Geschwister, alle gleich alt. Sie kannten ihren Vater und Ihre Mutter nicht, sie mussten gleich selber für sich sorgen und umherschwimmen, aber das war ein großes Vergnügen für sie. Wasser zum Trinken hatten sie genug, das ganze Weltmeer, an Nahrung dachten sie nicht, die würde wohl kommen; jeder würde seiner Neigung folgen, jeder würde seine eigene Geschichte haben, ja, daran dachte auch keiner.

Die Sonne schien in das Wasser hinab, es schimmerte um sie herum, es war so klar, es war eine Welt mit den wunderlichsten Geschöpfen, und einige waren so schrecklich groß, mit mächtigen Rachen, die konnten die achtzehnhundert Geschwister verschlingen, aber auch daran dachten sie nicht, denn bisher war noch keines von ihnen verschlungen worden,

Die Kleinen schwammen zusammen, dicht nebeneinander, wie die Heringe und Makrelen schwimmen; aber während sie so im Wasser schwammen und an gar nichts dachten, sank mit einem schrecklichen Geräusch von oben herab mitten unter sie ein langes, schweres Ding, das gar kein Ende nehmen wollte; länger und länger streckte es sich, und jeder kleine Fisch, den es traf, wurde zerdrückt oder bekam einen Knacks, den er nie wieder verwinden konnte. Alle kleinen Fische und auch die großen, von der Meeresfläche hinab bis auf den Grund, stoben erschreckt beiseite. Das schwere, gewaltsame Ding senkte sich tiefer und tiefer, es ward länger und länger, meilenlang, durch das ganze Meer. Fische und Schnecken, alles was schwimmt, alles, was kriecht oder von den Strömungen getrieben wird, spürte dies entsetzliche Ding, diesen unendlichen, unbekannten Meeraal, der so ganz auf einmal von oben herabgekommen war.

Was für ein Ding war dies nur einmal? Ja, wir wissen es! Es war das große, meilenlange Telegraphenkabel, das die Menschen zwischen Europa und Amerika versenkten.

Es entstand eine Angst, es entstand eine Bewegung zwischen den rechtmäßigen Bewohnern des Meeres, überall, wo das Kabel versenkt wurde. Der fliegende Fisch schnellte in die Höhe, über die Meeresfläche, so hoch er nur konnte, ja, der Knurrhahn sprang einen ganzen Büchsenschuß über das Wasser empor, denn das kann er; andere Fische flohen auf den Meeresgrund, sie schossen mit einer solchen Heftigkeit hinab, dass sie lange, bevor das Kabeltau noch gesehen war, dort anlangten. Sie erschreckten Kabeljau und Scholle, die friedlich in der Meerestiefe wanderten und ihre Mitgeschöpfe fraßen.

Ein paar Meerwalzen erschraken so sehr, dass sie ihren Magen ausspuckten, aber trotzdem weiterlebten, denn das konnten sie. Viele Hummern und Taschenkrebse verließen ihren guten Harnisch und mussten die Beine zurücklassen.

Während all dieser Angst und Verwirrung kamen die achtzehnhundert Geschwister auseinander und begegneten sich nicht wieder oder kannten einander wenigstens nicht mehr. Nur ein Dutzend blieb auf demselben Fleck, und als sie sich ein paar Stunden ruhig verhalten hatten, verwanden sie den ersten Schecken und fingen an, neugierig zu werden.

Sie sahen sich um. Sie sahen aufwärts, und sie sahen abwärts, und da in der Tiefe glaubten sie das schreckliche Ding zu erblicken, das sie so in Angst versetzt hatte, groß wie klein. Das Ding lag lang über den Meeresboden ausgestreckt, so weit sie sehen konnten; sehr dünn war es, aber sie wussten ja nicht, wie dick es sich machen konnte oder wie stark es war. Es lag ganz still, aber, dachten sie, das konnte ja Hinterlist sein.

„Lasst es liegen, wo es liegt! Es geht uns gar nichts an!“ sagte der vorsichtigste von den kleinen Fischen, aber der allerkleinste von ihnen konnte es sich doch nicht versagen, sich Gewißheit darüber zu verschaffen, was das Ding wohl sein könne. Von oben war es herabgekommen, von obenher musste man am besten Auskunft einholen können, und so schwammen sie denn zur Meeresoberfläche hinauf. Es war windstilles Wetter.

Da begegneten sie einem Delphin. Das ist so ein Springgesell, ein Meerstreicher, der Purzelbäume auf der Wasserfläche schlagen kann; Augen zum Sehen hat er, und er musste gesehen haben, musste Bescheid wissen. Den fragten sie, aber er hatte nur an sich selber und an seine Purzelbäume gedacht, hatte nichts gesehen, wusste nichts zu antworten, und da schwieg er denn und sah stolz aus.

Dann wandten sie sich an den Seehund, der gerade niedertauchte. Der war höflicher, obwohl er kleine Fische frisst, aber heute war er satt. Er wusste ein wenig mehr als der Springfisch.

„Ich habe manch liebe Nacht auf einem nassen Stein gelegen und landeinwärts gesehen, meilenweit von hier. Da gibt es hinterlistige Geschöpfe, die werden in ihrer Sprache Menschen genannt, sie stellen uns nach, gewöhnlich entschlüpfen wir ihnen aber doch, das habe ich verstanden, und der Seeaal, von dem ihr redet, hat es auch verstanden. Er ist oben an Land in ihrer Macht gewesen, wohl seit undenkbaren Zeiten. Von dort haben sie ihn auf ein Schiff gebracht, wohl um ihn übers Meer nach einem anderen fernliegenden Land zu schaffen. Ich sah, welch eine Mühe sie damit hatten, aber sie konnten ihn bezwingen, er war ja an Land matt geworden. Sie legten ihn in Kränzen und Kreisen zusammen, ich hörte, wie er sich wand und sich wehrte, als sie ihn an Bord brachten, aber er entkam ihnen doch, floh hier hinaus. Sie hielten ihn mit aller Gewalt fest, viele Hände hielten ihn, er entschlüpfte ihnen doch und gelangte auf den Meeresboden, da liegt er, denke ich, bis auf weiteres!“

„Er ist ziemlich dünn!“ sagten die kleinen Fische.

„Sie haben ihn ausgehungert!“ sagte der Seehund. „Aber er wird sich bald erholen, wird seine alte Dicke und Länge wiedergewinnen. Ich nehme an, dass dies die große Seeschlange ist, vor der den Menschen so bange ist, und von der sie so viel reden; bisher habe ich sie noch niemals gesehen und habe auch nie daran geglaubt. Jetzt glaube ich, dass sie es ist!“ Und dann tauchte der Seehund unter.

„Wie viel er wusste! Wie viel er redete!“ sagten die kleinen Fische. „Ich bin noch nie so klug gewesen! – Wenn es nur nicht Lügen sind!“

„Wir könnten ja hinabschwimmen und die Sache untersuchen!“ sagte der Kleinste. „Unterwegs hören wir die Ansicht der anderen!“

„Ich mache keinen Schlag mit meinen Flossen, um etwas zu erfahren!“ sagten die anderen und wandten sich ab.

„Aber das tue ich!“ sagte der Kleinste und lenkte seinen Kurs hinab in das tiefe Wasser; aber er war weit entfernt von der Stelle, wo das „lange, versenkte Ding“ lag. Der kleine Fisch sah und suchte nach allen Seiten tief unten auf dem Meeresgrund.

Noch nie war ihm seine Welt so groß erschienen. Die Heringe schwammen in großen Schwärmen, schimmernd wie ein Riesenband aus Silber, die Makrelen schlugen dieselbe Richtung ein und sahen noch prächtiger aus. Da kamen Fische in allen Gestalten und mit Zeichnungen in allen Farben; Medusen, die halbdurchsichtigen Blumen glichen, die sich von den Strömungen tragen und führen ließen. Große Pflanzen wuchsen aus dem Meeresboden auf, klafterhohes Gras und palmenförmige Bäume, jedes Blatt mit schimmernden Schaltieren besetzt.

Endlich gewahrte der kleine Seefisch einen langen, dunkeln Streif dort unten und steuerte darauf zu, aber das war weder Fisch noch Tau, es war die Reling eines großen versunkenen Fahrzeugs, dessen oberstes und unterstes Deck durch den Druck des Meeres zerbrochen war. Der kleine Fisch schwamm in den Raum hinein, aus dem die vielen Menschen, die umgekommen waren, als das Schiff sank, jetzt alle bis auf zwei weggeschwemmt waren. Eine junge Frau lag dort ausgestreckt mit einem kleine Kind in ihren Armen. Das Wasser hob sie und wiegte sie gleichsam, sie schienen zu schlafen. Der kleine Fisch erschrak sehr, er wusste ja nicht, dass sie nicht wieder erwachen konnten. Die Wasserpflanzen hingen wie Laubwerk über die Reling herab, rankten sich um die beiden schönen Leichen der Mutter und des Kindes. Es war so still dort und so einsam. Der kleine Fisch machte sich, so schnell er nur konnte, von dannen, schwamm dahin, wo das Wasser beleuchtet war, wo Fische zu sehen waren. Er war noch nicht weit gekommen, da begegnete er einem jungen Walfisch, der schrecklich groß war.

„Verschlinge mich nicht!“ sagte der kleine Fisch. „Ich bin ja nicht einmal ein Bissen, so klein bin ich, und es ist mir eine große Freude zu leben!“

„Was willst du so tief hier unten, wohin deine Art nicht kommt?“ fragte der Walfisch. Und dann erzählte der kleine Fisch von dem langen wunderlichen Aal oder was für ein Ding es sein möchte, das sich von oben herabgesenkt und selbst die allermutigsten Meergeschöpfe erschreckt hatte.

„Ho, ho!“ sagte der Walfisch und sog so gewaltig Wasser ein, dass er einen mächtigen Wasserstrahl von sich geben musste, wenn er an die Meeresfläche kam und Luft schöpfte. „Ha, ha!“ sagte er. „Das also war das Ding, das mir den Rücken kitzelte, als ich mich umwandte! Ich glaubte, es sei ein Schiffsmast, den ich gebrauchen könnte, um mich zu jucken! Aber hier in dieser Gegend war es nicht. Nein, viel weiter hinaus liegt das Ding. Ich will es doch gleich mal untersuchen, ich habe gerade nichts weiter zu tun!“

Und dann schwamm er vorwärts, und der kleine Fisch schwamm hinterdrein, nicht zu nahe, denn wo der große Walfisch durch das Wasser schwamm, entstand gleichsam ein reißender Strom.

Sie begegneten einem Hai und einem alten Schwertfisch. Die beiden hatten auch von dem wunderlichen Seeaale gehört, der so lang und so dünn war; gesehen hatten sie ihn nicht, aber sie wollten ihn sehen.

Jetzt kam eine Meerkatze.

„Ich komme mit!“ sagte sie. Sie wollte doch denselben Weg. „Wenn die große Seeschlange nicht dicker ist als ein Ankertau, dann will ich sie schon in einem Biß durchbeißen!“ Und dabei öffnete sie ihr Maul und zeigte ihre sechs Reihen Zähne. „Ich kann Merkzeichen in einen Schiffsanker beißen, da dann ich den Stengel wohl auch durchbeißen!“

„Da ist er!“ sagte der große Walfisch. „Ich kann ihn sehen!“ Er glaubte, dass er besser sehen könne als die anderen. „Seht, wie er sich hebt, seht, wie er sich windet und beugt und krümmt!“

Aber das war er gar nicht, es war ein ungeheurer großer Seeaal, mehrere Ellen lang, der sich näherte.

„Den hab ich schon früher gesehen“, sagte der Schwertfisch, „der hat nie großen Aufruhr im Meer verursacht oder irgendeinem großen Frisch Schrecken eingejagt!“

Und dann sprach sie mit ihm von dem neuen Aal und fragten, ob er mit auf die Entdeckungsreise wolle.

„Ist der Aal länger als ich“, sagte der Seeaal, „dann soll ihm ein Unglück geschehen!“

„Ja, dem soll ein Unglück geschehen!“ sagten die anderen. „Wir sind genug, um ihn nicht zu dulden!“ Und dann eilten sie weiter.

Aber da kam ihnen etwas in den Weg, ein wunderliches Ungeheuer, das größer war als sie alle zusammen.

Es sah aus wie eine schwimmende Insel, die sich nicht an der Oberfläche zu halten vermochte. Es war ein uralter Walfisch. Sein Kopf war mit Wasserpflanzen überwuchert, der Rücken mit so unendlich vielen Austern und Muscheln besetzt, dass seine schwarze Haut ganz weißgefleckt war.

„Komm mit, Alter“, riefen sie ihm zu, „hier ist ein neuer Fisch angekommen, den wir nicht dulden wollen!“

„Ich will lieber liegenbleiben, wo ich liege!“ sagte der alte Walfisch. „Lasst mich in Ruhe! Lasst mich liegen! Ja, ja, ja, ja! Ich leide an einer schweren Krankheit. Die einzige Linderung gewährt es mir, wenn ich an die Meeresfläche hinaufsteige und den Rücken außer Wasser halte. Dann kommen die großen Seevögel und kraulen mich, das tut so gut! Wenn sie die Schnäbel nur nicht zu tief hineinhacken, oft picken sie bis in meinen Speck hinein. Sehr nur einmal“ Das ganze Gerippe eines Vogels sitzt mir noch auf dem Rücken; der Vogel schlug seine Klauen zu tief ein und konnte nicht wieder loskommen, als ich auf den Grund tauchte. Jetzt haben die kleinen Fische ihn abgefressen. Sehr nur, wie er aussieht und wie ich aussehe! Ich bin schwerkrank!“

„Das ist nichts als Einbildung“, sagte der Walfisch. Ich bin niemals krank. Kein Fisch ist krank.“

„Entschuldigen Sie“, sagte der alte Walfisch, „der Aal hat die Hautkrankheit, der Karpfen soll Pocken haben, und wir alle haben Eingeweidewürmer!“

„Unsinn!“ sagte der Haifisch. Er mochte nichts mehr hören, die anderen auch nicht, sie hatten ja etwas anderes zu tun.

Endlich kamen sie an die Stelle, wo das Telegraphenkabel lag. Es hat ein langes Lager auf dem Meeresboden, von Europa nach Amerika hinüber, hinweg über Sandbänke und Meeresschlamm, über Klippengründe und Pflanzenwildnis, ja, über ganze Korallenwälder. Und dann wechseln die Strömungen da unten, die Wasserwirbel drehen sich, Fische wimmeln hervor, mehr in einem Schwarm als die zahllosen Vogelscharen, die die Menschen in der Zugvogelzeit sehen. Da ist ein Rühren, ein Plätschern, ein Summen, ein Sausen. Von diesem Sausen spukte es noch ein wenig in den großen, leeren Meeresmuscheln, wenn wir sie an unser Ohr halten.

Jetzt kamen sie an die Stelle.

„Da liegt das Tier!“ sagten die großen Fische, und die kleinen sagten es auch. Sie sahen das Tau, dessen Anfang und Ende ihrem Gesichtskreis entschwand. Schwämme, Polypen und Gorgonen wiegten sich über dem Meeresgrund, senkten und beugten sich über das Tau, so dass es bald verdeckt war, bald wieder sichtbar wurde. Seestachelschweine, Schnecken und Würmer bewegten sich darum herum; riesige Spinnen, die eine ganze Besatzung von kriechenden Tieren mit sich schleppten, stolzierten auf dem Tau entlang. Dunkelblaue Meerwalzen oder wie das Gewürm heißt, das mit dem ganzen Körper frisst, lagen da und beschnüffelten das neue Tier, das sich auf dem Meeresboden gelagert hatte. Scholle und Kabeljau wendeten sich im Wasser, um nach allen Seiten zu lauschen. Der Sternfisch, der sich immer in den Schlamm hineinbohrt und nur die beiden langen Stengel mit den Augen blicken lässt, lag da und glotzte, um zu sehen, was aus der Bewegung herauskommen würde.

Das Telegraphenkabel lag ohne alle Bewegung da. Aber Leben und Gedanken waren darin; Menschengedanken gingen da hindurch.

„Das Ding ist heimtückisch!“ sagte der Walfisch. „Es ist imstande, mich auf den Bauch zu schlagen, und das ist nun einmal meine schwache Seite!“

„Wir wollen uns vorfühlen!“ sagte der Polyp. Ich habe lange Arme, ich habe geschmeidige Finger; berührt habe ich ihn schon, jetzt will ich ihn einmal etwas fester anfassen.“

Und er streckte seine geschmeidigen, längsten Arme nach dem Tau hinab, legte sie rund herum.

„Eine Schale hat er nicht“, sagte der Polyp. „er hat keine Haut! Ich glaube, er wird nie lebende Junge zur Welt bringen!“

Der Seeaal legte sich längs des Telegraphenkabels und streckte sich so lang aus, wie er nur konnte.

„Das Ding ist länger als ich!“ sagte er. „Aber die Länge macht es nicht, man muss Haut und Magen und Geschmeidigkeit haben!“

Der Walfisch, der junge, starke Walfisch, neigte sich tief hinab, tiefer, als er jemals gewesen war.

„Bist du Fisch oder Pflanze?“ fragte er. „Oder bist du nur ein Machwerk von oben, das hier unten bei uns nicht gedeihen kann?“

Aber das Kabel antwortete nicht. Das ist nicht seine Art. Es gingen Gedanken durch seinen Leib hindurch, Menschengedanken. Es führte sie in einer Sekunde, die vielen hundert Meilen von Land zu Land.

„Willst du antworten, oder willst du durchgebissen werden?“ fragte der gierige Hai, und alle die anderen großen Fische fragten dasselbe: „Willst du antworten, oder willst du durchgebissen werden?“

Das Tau rührte sich nicht, es hatte seinen ganz aparten Gedanken, und einen solchen kann derjenige haben, der mit Gedanken angefüllt ist.

„Mögen sie mich durchbeißen“ Dann werde ich hinaufgezogen und komme in bester Ordnung wieder zurück. Das ist schon anderen meiner Art in weit kleineren Gewässern begegnet!“

Deswegen antwortete das Tau nicht, es hatte anderes zu tun, es telegraphierte. lag von Amts wegen auf dem Grunde des Meeres.

Oben auf der Erde ging jetzt die Sonne unter, wie die Menschen es nannten, sie glich dem rötesten Feuer, und alle Wolken des Himmels schienen wie Feuer, eine immer noch prächtiger als die andere.

„Jetzt bekommen wir die rechte Beleuchtung“, sagten die Polypen, „dann sieht man das Ding am Ende besser, falls es nötig ist!“

„Drauflos! Drauflos!“ rief die Meerkatze und zeigte alle ihre Zähne.

„Drauflos“ Drauflos!“ sagten der Schwertfisch und der Walfisch und der Seeaal.

Sie stürzten vorwärts, die Meerkatze voran; aber im selben Augenblick, als sie in das Tau hineinbeißen wollte, jagte der Schwertfisch aus lauter Aufgeregtheit sein Schwert in das Hinterteil der Meerkatze hinein. Das war ein großes Versehen, und die Katze hatte nun keine Kraft mehr zum Biß.

Es entstand ein wirres Durcheinander unten am Meeresgrund: große Fische und kleine Fische, Meerwalzen und Schnecken gingen aufeinander los, fraßen einander, wurden zerquetscht, zerdrückt. Das Tau lag still und verrichtete seine Arbeit, und das soll man tun.

Oben brütete die finstere Nacht, aber die Milliarden und Milliarden von lebenden kleinen Tieren des Meeres leuchteten. Krebse, kaum so groß wie ein Stecknadelkopf, leuchteten. Es ist ganz wunderbar, aber so ist es nun einmal. Die Tiere des Meeres sahen das Telegraphenkabel an.

„Was ist doch das Ding, und was ist es nicht?“

Ja, das war die Frage.

Da kam eine alte Meerkuh. Die Menschen nennen die Art: Meermann, oder Meermaid. Eine Sie war es, sie hatte einen Schwanz und zwei kurze Arme zum Plätschern, einen hängenden Busen und Tang und Muscheln im Haar und darauf war sie stolz.

„Wollt ihr Kenntnis und Wissen erlangen“, sagte sie, „so bin ich wohl die einzige, die euch dazu verhelfen kann. Aber dafür verlange ich gefahrlosen Weideplatz auf dem Meeresboden für mich und die Meinen. Ich bin ein Fisch wie ihr. Und ich bin auch ein kriechendes Tier durch Übung. Ich bin die Klügste im ganzen Meer, ich weiß von allem, was sich hier unten regt, und von allem, was da oben vor sich geht. Das Ding da, über das ihr euch die Köpfe zerbrecht, stammt von da oben, und was von da oben herunterplumpst, ist tot oder wird tot und machtlos; lasst es liegen, wie es liegt. Es ist nur eine Menschenerfindung.“

„Ich glaube nun doch, dass etwas mehr daran ist!“ sagte der kleine Walfisch.

„Halts Maul, Makrele!“ sagte die große Meerkuh.

„Stichling!“ sagten die anderen, und das war eine noch größere Beleidigung. Und die Meerkuh erklärte ihnen, dass das ganze Alarmtier, das ja übrigens keinen Muck sagte, nur eine Erfindung von dem trocknen Land sei. Und sie hielt einen Vortrag über die Verschlagenheit der Menschen.

„Sie wollen sich unser bemächtigen“, sagte sie, „das ist das einzige, wofür sie leben, sie spannen ihre Netze aus, stecken den Köder auf den Angelhaken, um uns zu locken. Dies hier ist eine Art großer Angelleine, und sie glauben, dass wir daran anbeißen werden, so dumm sind sie! Aber das sind wir nicht! Berührt nur ja nicht das Machwerk, das löst sich in Fasern auf, wird zu Stückwerk und Schlamm, das Ganze. Was von oben kommt, hat alles einen Knacks, taugt nichts!“

„Taugt nichts!“ sagten alle Geschöpfe des Meeres und hielten sich an die Meinung der Meerkuh, um auch eine Meinung zu haben.

Der keine Seefisch behielt seinen eigenen Gedanken. „Die unendlich dünne, lange Schlange ist am Ende der wunderbarste Fisch im ganzen Meer. Ich habe eine Empfindung davon.“

„Ja, der wunderbarste!“ sagen wir Menschen auch und sagen es mit Kenntnis und Gewißheit.

Es ist die große Seeschlange, von der schon längst in Liedern und Sagen erzählt ist.

Sie ist geboren und großgezogen, entsprungen aus der Klugheit der Menschen und auf dem Meeresboden niedergelegt, wo sie sich von den Ländern des Ostens bis zu den Ländern des Westens erstreckt und die Botschaft so schnell weiterträgt, wie der Strahl des Lichts von der Sonne zu unserer Erde hinabdringt. Sie wächst, wächst an Macht und Ausdehnung, wächst Jahr für Jahr, durch alle Meere, um die ganze Welt herum, unter den strömenden Wassern und des glasklaren Wassern, wo der Schiffer hinabsieht, als segele er durch die durchsichtige Luft, wo er wimmelnde Fische sieht, ein ganzes Farbenfeuerwerk.

Ganz tief unten erstreckt sich die Schlange, eine sagenhafte, segenspendende Riesenschlange, die sich in den Schwanz beißt, indem sie die Erde umschließt. Fische und kriechendes Gewürm rennt mit der Stirn dagegen, sie verstehen die Dinge von oben doch nicht: der Menschheit gedankenerfüllte, in allen Sprachen redende und doch lautlose Schlage der Erkenntnis des Guten und Bösen, das wunderbarste von allen Wundern des Meeres, die große Seeschlange unserer Zeit.

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Statistiken zum Märchen
Wert
Übersetzungen DE, EN, DA, ES, IT,
Lesbarkeitsindex nach Amstad74.7
Lesbarkeitsindex nach Björnsson36.4
Flesch-Reading-Ease Index60.6
Flesch–Kincaid Grade-Level8.3
Gunning Fog Index8.6
Coleman–Liau Index12
SMOG Index10.5
Automated Readability Index9.2
Zeichen-Anzahl20.894
Anzahl der Buchstaben16.599
Anzahl der Sätze234
Wortanzahl3.318
Durchschnittliche Wörter pro Satz14,18
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben737
Prozentualer Anteil von langen Wörtern22.2%
Silben gesamt5.171
Durchschnittliche Silben pro Wort1,56
Wörter mit drei Silben380
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben11.5%

Bildquellen: © Andrea Danti / Shutterstock

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