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Star und Badewännlein
Grimm Märchen

Star und Badewännlein - Märchen von Ludwig Bechstein

Vorlesezeit für Kinder: 8 min

Vor einem Wirtshaus im Walde hielt ein junger stattlicher Reitersmann, da trat eine feine Maid aus der Türe, grüßte ihn züchtig und fragte, was er begehre. Da heischte er einen Becher kühlen Weins, den brachte ihm die Jungfrau. Der Reitersmann trank aber nicht eher, bis die Maid mit ihren roten Lippen von dem Weine genippt und den Trunk ihm kredenzt hatte. Während er nun trank, trat die Wirtin aus der Türe, ein hässliches Weib von brauner Gesichtsfarbe und widrigem Ansehen. Die fragte der Reitersmann: »Holla, Frau Wirtin! Ihr habt fürwahr ein feines Töchterlein! Nicht also?«

»Nein, Herr!« antwortete die Wirtin, »diese Dirne da ist nicht meine Tochter, sie ist nur meine angenommene Magd, hat nicht Eltern und Heimat mehr. Habe sie angenommen aus Barmherzigkeit.«

Der Reitersmann fühlte Liebe zu der schönen Maid, stieg ab vom Ross, begehrte ein Nachtquartier und dass ihm die Magd ein Fußbad rüste, weil er gern mit ihr reden wollte. Die Wirtin gebot der Magd, in den Garten zu gehen und Rosmarin, Thymian und Majoran für das Bad zu pflücken. Dies tat sie gern und freudig, ging und brach die Kräuter, da flog ein Star auf ein Sträuchelein neben ihr und sang und sprach:

»0 weh, du Braut! Du sollst dem Junker die Füße zwagen in dem Badewännelein, darin du hierher getragen worden! Dein Vater ist vor Herzeleid gestorben, und deine Mutter hat sich schier um dich zu Tode gegrämt. O weh, du Braut, du Findelkind!
Weißt nicht, wer dein Vater und Mutter sind!«

Da erschrak die fromme Maid und grämte sich, rüstete das Bad unter Tränen in dem kleinen Wännelein und trug’s hinauf in die Stube, wo der junge Ritter ihrer harrte. Als der sie weinen sah, fragte er: »Warum weinest du, Schönste? Willst du nicht lieber mit mir fröhlich sein?«

»Wie kann ich mit Euch fröhlich sein?« fragte sie weinend zurück. »Ich weine über das, was mir der Star sang, da ich drunten im Garten die Kräuter pflückte in Euer Bad. Der Star, der sang:

›O weh, du Braut! Du sollst dem Junker die Füße zwagen in dem Badewännelein, darin du hergetragen bist. Dein Vater ist vor Herzeleid gestorben, und deine Mutter hat sich schier um dich zu Tode gegrämt! O weh, du Braut, du Findelkind!
Weißt nicht, wer dein Vater und Mutter sind!‹«

Da betrachtete der Herr das Badewännelein und sah daran das Wappen des Königs am Rhein, verwunderte sich über alle Maßen und rief: »Das ist meines Vaters Wappenschild! Wie kommt dies Wännelein in dies schlechte Wirtshaus?«

Da schlug ein Vogel draußen ans Fenster, das war wieder der Star, der sang: »In dem Badewännelein ist sie hergetragen!O weh, du Braut, du Findelkind!
Weißt nicht, wer dein Vater und Mutter sind!«
Jetzt sah der junge Herr am Hals der Maid ein Muttermal und rief freudig aus; »Grüß dich Gott, du Schönste! Du bist meine liebe Schwester! Dein Vater war der König am Rhein! Christine heißt deine Mutter! Konrad heiße ich, dein Zwillingsbruder bin ich. Darum empfand mein Herz nach dir, gleich als ich dich zum ersten sah, solch ein heftiges Verlangen!«

Da fielen sie einander um den Hals und weinten beide, knieten nieder und dankten Gott und sprachen liebreich miteinander die ganze Nacht. Wie nun der Morgen graute, rief die Wirtin vor der Tür mit lauter Stimme und voll Hohn: »Steh auf, steh auf, du junge Braut, und kehre deiner Frauen die Stube aus!«

Da antwortete aber die Stimme Herrn Konrads: »Weder ist sie eine junge Braut, noch kehrt sie der Wirtin die Stube aus! Bringet uns nur selbst den Morgenwein!« Als die Wirtin mit dem Morgenwein hereingetreten war, fragte sie Herr Konrad: »Von wem und von wannen habt Ihr diese edle Jungfrau? Sie ist eines Königs Tochter und meine Schwester!«

Die Wirtin ward weiß wie eine Wand und fiel zitternd auf ihre Knie, brachte aber kein Wort hervor, des es auch nicht bedurfte, denn der Star war schon wieder am Fenster und verriet der Wirtin böse Tat, indem er sang: »In einem Lustgarten im grünen Gras saß ein zartes Kind in einem Badewännelein, und wie die Wärterin nur einen Augenblick zur Seite gegangen war, da kam die böse Zigeunerin und trug das Kind samt dem Wännelein von dannen!«

Darüber wurde Herr Konrad so entrüstet, dass er das Schwert zückte und es der Wirtin durch die Ohren spießte, zu einem hinein, zum andern heraus. Dann küsste er züchtig seine allerschönste Schwester, nahm das Badewännelein, führte sie an ihrer schneeweißen Hand aus dem Hause, hob sie auf den Sattel, und sie musste das Badewännelein vor sich auf dem Schoß tragen. Auf ihre Schulter setzte sich der Star. So ritten sie vor das Königsschloss am Rhein, darin die Mutter, die Königin, herrschte, und als sie in das Tor einritten, kam ihnen die Mutter gerade entgegen gegangen. Die fragte verwundert: »Ach, mein liebster Sohn! Was für eine Dirne bringst du da herein! Sie führt ja ein Badewännelein mit sich, als ob sie mit einem Kinde ginge!«

»Oh, meine liebste Mutter!« antwortete der junge Königssohn, »sie ist drum keine Dirne, sondern ist eure Tochter Gertraud, die in diesem Wännelein Euch geraubt wurde!« Und da stieg die Prinzessin aus dem Sattel, die Königin aber fiel vor Freuden in eine Ohnmacht, aus der sie in den Armen ihrer Kinder wieder erwachte.

Der Star sang: »Heut sind es gerade achtzehn Jahre, seit die Königstochter geraubt und in dem Wännelein über den Rhein getragen worden ist!« Das sang der Star, und auch noch dies:

»Der Zigeunerin tun die Ohren so weh,
Sie wird keine Kinder stehlen mehr!«

Die Prinzessin aber ließ einen Goldschmied rufen, der musste ein goldnes Gitterlein vor das Badewännelein schmieden, da hinein tat sie den Star und pflegte sein, bis an sein Ende.

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Hintergründe

Interpretationen

Analyse

„Star und Badewännlein“ ist eines der vielen Märchen von Ludwig Bechstein, einem deutschen Schriftsteller, der im 19. Jahrhundert lebte und bekannt für seine Sammlung von Volks- und Kunstmärchen war, ähnlich den bekannteren Brüdern Grimm. Bechstein sammelte die Geschichten und erzählte sie auf seine Weise nach, wobei er oft auch moralische oder belehrende Elemente einfließen ließ.

In diesem Märchen geht es um Themen wie Identität, Familie, Verlust und Wiedervereinigung, die in vielen traditionellen Märchen vorkommen. Die Geschichte dreht sich um das Schicksal einer jungen Frau, die von einer Ziegelei entführt und fern ihrer echten Eltern aufwächst. Sie wird in einem Wirtshaus als Magd gehalten, bis ein junger Ritter sie erkennt und schließlich deren wahre Herkunft ans Licht bringt.

Die Rolle des Stars (Vogel) als ein Wesen, das wichtige Informationen enthüllt, ist ein klassisches Element in Märchen, wo Tiere oft als Vermittler von Geheimnissen oder als Helfer in der Not auftreten. Diese mythologische Note verleiht dem Märchen eine zusätzliche Dimension, indem es eine Verbindung zur natürlichen Welt und zum Übernatürlichen herstellt.

Ein solches Märchen spiegelt die gesellschaftlichen Normen und Werte seiner Zeit wider, wie die Bedeutung von Adel, Familienehre und die Relevanz der Herkunft. Gleichzeitig zeigt es Bechsteins Fähigkeit, traditionelle Erzählungen mit neuen Details und moralischen Lektionen zu bereichern.

Das Märchen „Star und Badewännlein“ von Ludwig Bechstein handelt von Themen wie Identitätsfindung, Familienzusammenführung und der Kraft der Liebe und des Schicksals. Hier sind einige mögliche Interpretationen und Themen, die aus der Geschichte herausgelesen werden können:

Identität und Herkunft: Das Märchen beleuchtet die Unsicherheit, die mit der Unkenntnis der eigenen Herkunft verbunden ist. Die junge Magd erfährt durch den singenden Star von ihrer wahren Herkunft. Diese Enthüllung verändert ihr Leben, indem sie ihre wahre Identität als Königstochter entdeckt.

Das Motiv der Wiederentdeckung: Die Geschichte dreht sich um die Wiedervereinigung von Familienmitgliedern, die durch tragische Umstände getrennt wurden. Diese Wiedervereinigung wird als ein Akt der göttlichen Gerechtigkeit dargestellt, bei dem die Unschuldigen belohnt und die Schuldigen – die Zigeunerin, welche die Prinzessin entführte – bestraft werden.

Magie und Natur: Der Star, ein Vogel in der Geschichte, fungiert als magischer Bote und Verkünder der Wahrheit. Seine Rolle unterstreicht die Verbindung zwischen der Natur und dem Verständnis menschlicher Schicksale. Das Eingreifen der Natur in Form des Stars sorgt für die Enthüllung der Wahrheit.

Symbole und Vorsehung: Das Badewännelein dient als wichtiges Symbol in der Geschichte. Es steht für die Herkunft der Prinzessin und ist der Schlüssel zu ihrer Identitätsfindung. Die Tatsache, dass das Badewännlein das Wappen des Königs trägt, offenbart schließlich ihren königlichen Ursprung.

Moralische Gerechtigkeit: Das Märchen propagiert die Idee, dass böse Taten am Ende Konsequenzen haben. Die Zigeunerin, die das Kind entführt hat, wird durch den Reitersmann bestraft, was eine Form der moralischen Gerechtigkeit sowie der karmischen Rückvergeltung darstellt.

Liebe und Geschwisterbeziehung: Die sofortige Verbindung und das starke emotionale Band zwischen den Geschwistern, nachdem sie ihre wahre Identität erkennen, betonen die Macht der blutsverwandtschaftlichen Beziehungen und die Liebe, die selbst über lange Zeiten und Entfernungen hinweg bestehen bleibt.

Diese verschiedenen Elemente tragen dazu bei, die Vielschichtigkeit und Tiefe des Märchens zu entfalten, indem sie überzufällige Ereignisse und göttliches Eingreifen hinausgehen, um komplexe Fragen von Identität, Moral und Schicksal zu thematisieren.

Linguistische Analyse des Märchens „Star und Badewännlein“ von Ludwig Bechstein: Ludwig Bechsteins Märchen „Star und Badewännlein“ ist ein typisches Beispiel des klassisch-romantischen Märchens des 19. Jahrhunderts. Im Folgenden wird eine linguistische Analyse des Textes vorgenommen, um die sprachlichen Merkmale, die Struktur und die Stilmittel herauszuarbeiten.

1.
Sprachliche Merkmale:


Lexikon und Syntax: Die Sprache des Märchens ist geprägt von einem gehobenen, altertümlichen Stil, der die historische Distanz und die märchenhafte Atmosphäre verstärkt. Begriffe wie „reizend“, „hold“, „Junkersmann“ und „Dirne“ sowie syntaktische Konstruktionen wie „es begab sich, dass“ oder „ward zuteil“ unterstreichen dies.
Modalität: Häufige Verwendung von Modalverben und Imperativen, um Wünsche, Befehle und Notwendigkeiten auszudrücken („Gebot der Magd“, „Bringet uns“).
Fokus auf Direkter Rede: Der Text enthält viele Dialoge, die zur Charakterentwicklung beitragen und die Handlung vorantreiben. Diese direkte Rede ist stilistisch oft mit Ausrufezeichen versehen, um Emotionen wie Überraschung oder Freude zu verstärken („Grüß dich Gott, du Schönste!“).

2.
Erzählerische Struktur:


Einleitung: Das Märchen beginnt ohne große Einleitung direkt mit der Handlung, ein typisches Merkmal der Märchengattung, die oft mit formelhaften Wendungen wie „Es war einmal“ oder unvermittelt beginnt.
Entwicklung: Die Handlung verläuft linear und folgt einer klaren Struktur von Problem, Klimax und Auflösung. Der Reitersmann trifft die Maid, erfährt von ihrem Leid durch den Star, was zur Entdeckung ihrer wahren Identität führt.
Auflösung: Die Erzählung endet mit der Wiedervereinigung der Familie und der Bestrafung der Schurkin, wobei die Moral der Geschichte vermittelt wird: Das Gute siegt über das Böse, und Wahrheit und Recht kommen ans Licht.

3.
Stilmittel:


Symbolik: Das Badewännlein ist ein zentrales Symbol für die Herkunft und Identität der Maid. Es steht für den Ursprung und die verlorene adelige Herkunft. Der Star fungiert als Überbringer der Wahrheit und als Katalysator der Ereignisse.
Personifikation und Anthropomorphismus: Tieren werden menschliche Eigenschaften zugeschrieben, wie der Star, der sprechen und singen kann, um die Wahrheit zu offenbaren.
Wiederholungen: Typisch für Märchen ist die dreimalige Wiederholung wichtiger Informationen oder Ereignisse durch den Star, was deren Bedeutung unterstreicht und sie für den Leser einprägsamer macht.

4.
Stilistische Besonderheiten:


Archaismen und alters Sprachnormen: Diese tragen zur Schaffung eines altertümlichen, märchenhaften Tons bei. Worte und Wendungen entstammen einem Deutsch, das im heutigen Sprachgebrauch veraltet ist, und schaffen damit eine zeitlose Atmosphäre.
Kontraste: Häufig werden starke Kontraste verwendet, etwa zwischen der schönen Maid und der hässlichen Wirtin, um moralische Gegenüberstellungen zu verdeutlichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ludwig Bechsteins Märchen „Star und Badewännlein“ durch seinen altertümlichen Sprachgebrauch, seine klare Erzähllinie und die Verwendung typischer Märchenmotive und -strukturmerkmale besticht. Die sprachliche Gestaltung verstärkt die märchenhafte Atmosphäre und unterstützt die moralische Botschaft der Erzählung.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
Lesbarkeitsindex nach Amstad81.7
Lesbarkeitsindex nach Björnsson30.7
Flesch-Reading-Ease Index69.6
Flesch–Kincaid Grade-Level6.4
Gunning Fog Index6.2
Coleman–Liau Index12
SMOG Index9.3
Automated Readability Index7
Zeichen-Anzahl1.032
Anzahl der Buchstaben825
Anzahl der Sätze15
Wortanzahl171
Durchschnittliche Wörter pro Satz11,40
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben33
Prozentualer Anteil von langen Wörtern19.3%
Silben gesamt254
Durchschnittliche Silben pro Wort1,49
Wörter mit drei Silben17
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben9.9%
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