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Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr tun, da wollte ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben und sprach „brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indes mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, dass du mir einen Löwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall,“ und jagte es damit ins weite Feld. Das Pferd war traurig und ging nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen.
Da begegnete ihm der Fuchs und sprach „was hängst du so den Kopf und gehst so einsam herum?“ – „Ach,“ antwortete das Pferd, „Geiz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus, mein Herr hat vergessen, was ich ihm für Dienste in so vielen Jahren geleistet habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.“
„Ohne allen Trost?“ fragte der Fuchs. „Der Trost war schlecht, er hat gesagt, wenn ich noch so stark wäre, dass ich ihm einen Löwen brächte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl, dass ich das nicht vermag.“ Der Fuchs sprach „da will ich dir helfen, leg dich nur hin, strecke dich aus und rege dich nicht, als wärst du tot.“
Das Pferd tat, was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber ging zum Löwen, der seine Höhle nicht weit davon hatte, und sprach „da draußen liegt ein totes Pferd, komm doch mit hinaus, da kannst du eine fette Mahlzeit halten.“
Der Löwe ging mit, und wie sie bei dem Pferd standen, sprach der Fuchs „hier hast du’s doch nicht nach deiner Gemächlichkeit, weißt du was? ich will’s mit dem Schweif an dich binden, so kannst du’s in deine Höhle ziehen und in aller Ruhe verzehren.“
Dem Löwen gefiel der Rat, er stellte sich hin, und damit ihm der Fuchs das Pferd festknüpfen könnte, hielt er ganz still. Der Fuchs aber band mit des Pferdes Schweif dem Löwen die Beine zusammen und drehte und schnürte alles so wohl und stark, dass es mit keiner Kraft zu zerreißen war.
Als er nun sein Werk vollendet hatte, klopfte er dem Pferd auf die Schulter und sprach „zieh, Schimmel, zieh.“ Da sprang das Pferd mit einmal auf und zog den Löwen mit sich fort. Der Löwe fing an zu brüllen, dass die Vögel in dem ganzen Wald vor Schrecken aufflogen, aber das Pferd ließ ihn brüllen, zog und schleppte ihn über das Feld vor seines Herrn Tür. Wie der Herr das sah, besann er sich eines Bessern und sprach zu dem Pferd „du sollst bei mir bleiben und es gut haben,“ und gab ihm satt zu fressen, bis es starb.
Hintergründe zum Märchen „Der Fuchs und das Pferd“
Das Märchen „Der Fuchs und das Pferd“ (KHM 132) von den Gebrüdern Grimm gehört zur Sammlung der Kinder- und Hausmärchen und ist ein Tiermärchen, das Tiercharaktere verwendet, um menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen darzustellen. Die Geschichte stammt aus einer Erzählung, die Jenny von Droste-Hülshoff aus Münster an Wilhelm Grimm schickte. In den Originalanmerkungen der Brüder Grimm wird auf eine mögliche Verbindung zu den Tierfabeln von Äsop hingewiesen, insbesondere bei Steinhövels Fassung (7. Extravagante, Nr. 87) und einer Erzählung bei Hans Sachs (Bd. 4, Nr. 405). Darüber hinaus findet Hans-Jörg Uther in seinem Handbuch eine ähnliche Handlung im mittelalterlichen Roman de Renart (9. Branche, 1586–1903).
Das Märchen enthält wichtige Themen wie Loyalität, List und Zusammenarbeit. Das alte Pferd wird vom Bauern wegen seiner Schwäche abgelehnt, doch der Fuchs hilft ihm durch seine Klugheit und List, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Die Geschichte zeigt auch, dass Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe unerwartet positive Ergebnisse erzielen können. Obwohl „Der Fuchs und das Pferd“ vielleicht nicht so bekannt ist wie einige der anderen Märchen der Gebrüder Grimm, wie „Schneewittchen“ oder „Aschenputtel“, hat es dennoch seine Bedeutung als ein Beispiel für ein Tiermärchen, das tiefere menschliche Themen und Werte erkundet. Es ist auch ein Beispiel dafür, wie die Brüder Grimm Geschichten aus verschiedenen Quellen sammelten, um eine Sammlung von Märchen zu erstellen, die die deutsche Kultur und Folklore repräsentiert.
„Der Fuchs und das Pferd“ ist Teil einer reichen Tradition von Tiermärchen und Fabeln, die auf der ganzen Welt und in vielen Kulturen verbreitet sind. Solche Geschichten nutzen Tiercharaktere, um menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen darzustellen und wichtige moralische Lektionen und Werte zu vermitteln. Diese Tradition reicht zurück bis zu den Tierfabeln von Äsop und erstreckt sich bis hin zu modernen Werken wie George Orwells „Farm der Tiere“.
Interpretationen zum Märchen „Der Fuchs und das Pferd“
„Der Fuchs und das Pferd“ (KHM 132) ist ein Tiermärchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm, das verschiedene Interpretationen und Bedeutungsebenen bietet. Hier sind einige mögliche Interpretationen:
Loyalität und Freundschaft: Die Geschichte zeigt die Bedeutung von Loyalität und Freundschaft, insbesondere in schwierigen Zeiten. Das alte Pferd und der Fuchs arbeiten zusammen, um den Löwen zu überlisten und das Pferd vor seinem Schicksal zu retten. Diese Zusammenarbeit zeigt, wie wertvoll Freundschaft und gegenseitige Unterstützung sind.
Schlauheit und List: Der Fuchs, ein traditionelles Symbol für Schlauheit und List, nutzt seine Klugheit, um dem Pferd zu helfen. Diese Geschichte betont die Bedeutung von Intelligenz und Kreativität, um Probleme zu lösen, insbesondere wenn die eigene Stärke oder Macht begrenzt ist. Es lehrt, dass man manchmal auf unkonventionelle Weise denken muss, um Herausforderungen zu bewältigen.
Die Schwachen schützen: Das Märchen zeigt auch, wie wichtig es ist, schwächere Mitglieder der Gemeinschaft zu schützen und ihnen zu helfen. Der Bauer ist bereit, das alte Pferd aufzugeben, weil es ihm keine Dienste mehr leisten kann. Doch der Fuchs, der das Pferd nicht im Stich lässt, zeigt, dass jeder seine Stärken hat und dass selbst die Schwachen oder Hilfsbedürftigen einen Wert in der Gemeinschaft haben.
Die Kraft der Täuschung: Die Geschichte zeigt auch, wie Täuschung und Tricks manchmal verwendet werden können, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Der Fuchs täuscht den Löwen, indem er vorgibt, den Pferdeschweif an ihm festzubinden, und bindet stattdessen seine Beine zusammen. Diese Täuschung ermöglicht es dem Pferd und dem Fuchs, den Löwen gefangen zu nehmen und das Pferd vor seinem Schicksal zu bewahren.
Gerechte Belohnung: Schließlich zeigt das Märchen, dass gute Taten und Loyalität belohnt werden. Das Pferd zieht den gefangenen Löwen zurück zum Bauern, der es nun bis zu seinem Tod gut behandelt. Diese Wendung der Ereignisse lehrt, dass gute Taten und die Bereitschaft, anderen zu helfen, oft zu positiven Ergebnissen führen, sowohl für die Helfenden als auch für diejenigen, denen geholfen wird.
Adaptionen zum Märchen „Der Fuchs und das Pferd“
Obwohl „Der Fuchs und das Pferd“ (KHM 132) nicht so bekannt ist wie einige der anderen Märchen der Gebrüder Grimm, gibt es dennoch einige Adaptionen und Variationen dieses Märchens. Hier sind einige Beispiele:
Theater und Bühnenadaptionen: Im Jahr 2011 produzierte das Theater Moller Haus in Darmstadt, Deutschland, eine Theateradaption von „Der Fuchs und das Pferd“ unter der Regie von Peter Heusch. Diese Adaption fokussierte sich auf die Themen von Freundschaft, Zusammenarbeit und List.
Radio: Der Bayerische Rundfunk produzierte eine Hörspielfassung von „Der Fuchs und das Pferd“ im Rahmen ihrer Reihe „Märchen der Gebrüder Grimm“. Diese Adaption hält sich eng an die Originalgeschichte und richtet sich an Kinder und Familien.
Kinderbücher und illustrierte Ausgaben: Es gibt einige illustrierte Ausgaben des Märchens, in denen „Der Fuchs und das Pferd“ als eigenständiges Märchen oder innerhalb von Sammlungen von Grimms Märchen erscheint. Zum Beispiel hat der Illustrator Fritz Kredel eine Ausgabe des Märchens illustriert, die sowohl für Kinder als auch für Erwachsene ansprechend ist.
Kurzfilme und Animationen: Während es keine prominenten Film- oder Fernsehadaptionen von „Der Fuchs und das Pferd“ gibt, wurden einige Kurzfilme und Animationen für Kinder erstellt, die sich auf das Märchen beziehen. Ein Beispiel ist der deutsche Kurzfilm „Der Fuchs und das Pferd“ (2004), der von Michael Klimas geschrieben und inszeniert wurde.
Musikalische Adaptionen: Einige Komponisten und Musiker haben sich von „Der Fuchs und das Pferd“ inspirieren lassen und musikalische Interpretationen oder Vertonungen des Märchens geschaffen. Zum Beispiel schuf der deutsche Komponist Frank Schwemmer die Oper „Der Fuchs, das Pferd und der Hahn“, die das Märchen als Grundlage verwendet und es mit anderen Fabeln und Tiergeschichten kombiniert.
Insgesamt sind die Adaptionen von „Der Fuchs und das Pferd“ zwar weniger zahlreich als bei einigen der bekannteren Märchen der Gebrüder Grimm, aber das Märchen hat dennoch seinen Platz in verschiedenen künstlerischen Formen und Medien gefunden.
Zusammenfassung der Handlung
In „Der Fuchs und das Pferd“ (KHM 132), einem Tiermärchen von den Gebrüdern Grimm, wird ein altes Pferd von seinem Bauern fortgejagt, weil es nicht mehr stark genug ist, um zu arbeiten. Der Bauer stellt jedoch die Bedingung, dass das Pferd bei ihm bleiben kann, wenn es ihm einen Löwen bringt.
Das Pferd trifft auf einen schlauen Fuchs, der ihm dabei hilft, die unmögliche Aufgabe zu bewältigen. Der Fuchs lässt das Pferd so aussehen, als wäre es tot, und lockt einen Löwen herbei. Als der Löwe nahe genug ist, täuscht der Fuchs ihn, indem er vorgibt, den Pferdeschweif an ihm festzubinden, damit das Pferd den Löwen in seine Höhle ziehen kann. In Wirklichkeit bindet der Fuchs die Beine des Löwen zusammen.
Mit dem gefangenen Löwen kehrt das Pferd zu seinem Bauern zurück, der von dem Erfolg überrascht ist. Der Bauer erfüllt sein Versprechen und behandelt das Pferd bis zu seinem Tod gut, dank der List des Fuchses und der Zusammenarbeit der beiden Tiere.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 132 |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 47A |
Übersetzungen | DE, EN, DA, ES, PT, IT, JA, NL, PL, RO, RU, TR, VI, ZH |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 78 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 36.9 |
Flesch-Reading-Ease Index | 70.9 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 10 |
Gunning Fog Index | 12.1 |
Coleman–Liau Index | 9.3 |
SMOG Index | 9.3 |
Automated Readability Index | 12 |
Zeichen-Anzahl | 2.527 |
Anzahl der Buchstaben | 1.942 |
Anzahl der Sätze | 17 |
Wortanzahl | 456 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 26,82 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 46 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 10.1% |
Silben gesamt | 586 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,29 |
Wörter mit drei Silben | 19 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 4.2% |